Geldverschwendung: Vermeidbare 17 Millionen
Der Rechnungshof nennt in einem Sonderbericht Gründe für die Mehrkosten beim Bau der Kaiserschleuse: Bessere Planung hätte Millionen gespart.
BREMEN taz |Zeitdruck, mangelnde Koordination, ein Baubeginn noch vor Planungsende – so die Gründe für die Mehrkosten bei der Bremerhavener Kaiserschleuse. Zumindest laut Rechnungshof, der zum Projekt einen Sonderbericht erstellt hat. 17,8 Millionen Euro musste Bremen zusätzlich aufbringen, bei insgesamt 250,5 Millionen Euro Baukosten.
„Elbphilharmonie“, „Berliner Flughafen“, „Stuttgart 21“ – Rechnungshof-Präsidentin Bettina Sokol nennt die Reiz-Projekte und stellt fest: Die Schleuse ist damit nicht zu vergleichen. Am Projekt von Bremens Hafenmanagement-Gesellschaft „bremenports“ wurde von 2007 bis 2011 gearbeitet, mit Mehrkosten von unter zehn Prozent.
Sokol aber geht’s ums Prinzip: Es seien Millionen, die Bremen gut hätte gebrauchen können. Und – darin wird der Bericht sehr deutlich – die vermeidbar waren: Absehbare Steigerungen der Baupreise wurden „im Budget nur zu einem kleinen Teil berücksichtigt“. Teure nachträgliche Aufträge entstanden, weil „relevante Planungsentscheidungen erst nach Baubeginn getroffen wurden“.
Alles lief Hals über Kopf, weil die Schleuse zur „Sail 2010“ fertig werden sollte. Wurde sie nicht, die Windjammer-Parade fiel teilweise ins Wasser. Das Vergabeverfahren und die ungenaue Prüfung des Baugrunds hatte der Rechnungshof bereits 2009 und 2010 bemängelt. Im neuen Bericht nun stellt Sokols Behörde fest, dass auch der Abschluss eines „Detailpauschalvertrag“ in seiner Art zwischen bremenports und den Baufirmen nicht zulässig war.
Sokol ist genervt. Die Rechnugshöfe hätten immer wieder gesagt: „Erst planen, dann bauen“. Der Sonderbericht sollte für aktuelle Projekte eine Lehre sein, politisch aber wollte sie die Vorgänge nicht bewerten – anders als CDU-Wirtschaftspolitiker Jörg Kastendiek: „Rot-grün hat auf den Planungsprozess massiv Einfluss genommen, weil Senator Günthner die Eröffnung noch vor der Bürgerschaftswahl 2011 haben wollte“. Gremien seien nicht informiert worden, die hätten Einfluss nehmen können.
Das Wirtschaftsressort spielt den Ball zurück: „Der Rechnungshof kritisiert die Planungsphase 2005, 2006“, sagt Holger Bruns, Sprecher der Wirtschaftssenators. Eine Zeit also, in der Kastendiek selbst das Amt des Wirtschaftssenators innehatte.
„Auf allen Seiten hat es eine nicht allzu glückliche Kommunikation gegeben“, so Bruns. Eine „Frage des Umgangs“, nicht aber der Kostensteigerung. In jedem Fall aber sei die Investition „für Bremerhaven wesentlich“. Durch die Erweiterung der Schleuse wurde der Zugang für größere Autotransportschiffe in den Kaiserhafen gesichert.
2,2 Millionen Autos werden dort jährlich verladen. „Es war eine sachlogische Entscheidung“, sagt Bruns. Und gelernt habe man aus den Kostensteigerung auch: Beim nächsten großen Projekt in Bremerhaven, dem neuen, 180 Millionen Euro teuren Offshore-Terminal sei ein „externes Kosten-Kontrolling“ eingeschaltet. Das sei „direkt dem Ressort gegenüber verantwortlich“.
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