Geldstrafe für Jörg Hähnel: NPD-Chef muss wieder blechen
Der Berliner NPD-Chef wird wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro verurteilt. Er hatte BVV-Abgeordnete als Verbrecher bezeichnet.
Er kommt im grauen Hemd, lächelt. Eine Hand in der Hosentasche, in der anderen ein Papier mit seiner Rede vom November. Mehr hat Jörg Hähnel, Berliner NPD-Chef, nicht dabei. Er kennt sich inzwischen aus hier im Amtsgericht Tiergarten: An diesem Dienstag muss sich Hähnel wegen Beleidigung verantworten, erst am vergangenen Freitag war der 34-Jährige in einem Berufungsprozess an gleicher Stelle zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt worden. Er hatte die Tötung Rosa Luxemburgs als "entschlossene Tat" begrüßt.
Diesmal geht es um eine Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Lichtenberg im November 2008. Es wird die Fortsetzung des "Maßnahmeplans Integration" diskutiert, Hähnel schreitet zum Rednerpult: Integration führe zur Verdrängung der deutschen Mehrheitsgesellschaft, sagt er. Die NPD werde sich "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der Auflösung des deutschen Volkes entgegensetzen". Dies sei nichts anderes als "Völkermord". Deshalb, so Hähnel, müsse sich jeder, der dem Wort Integration zustimme, gefallen lassen, "als Verbrecher bezeichnet zu werden". Aufruhr im Saal. Später wird die SPD wegen Beleidigung klagen.
Am Dienstag vor Gericht liest Hähnel seine Rede von damals noch einmal von seinem Zettel ab, dann schweigt er. Stattdessen spricht als Zeuge der SPD-Verordnete Fritz Wolff. "Ich lasse mir nicht vorwerfen, ein Verbrecher zu sein." Schon in einer früheren BVV-Sitzung habe Hähnel mit dem Völkermordbegriff polemisiert. "Solche Vergleiche empfinde ich als beleidigend."
Das sehen schließlich auch Staatsanwaltschaft und Richterin Christine Mathiak so. Dass Hähnel die BVV-Politiker als Verbrecher tituliert und mit Völkermördern gleichsetzt, sei eine ehrverletzende Beleidigung und nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt. "Vor allem wenn dies im großen Rahmen einer Parlamentssitzung stattfindet", so Mathiak. Hähnels Verteidiger fordert dagegen Freispruch. Der NPD-Chef habe niemanden konkret adressiert, sondern eine allgemeine Meinungsäußerung getroffen. Hähnel sehe in der Integration eben "eine tödliche Gefahr", so der Anwalt. Es hilft nichts. Mathiak verhängt eine Geldstrafe von 1.000 Euro.
"Das ist ein politisches Urteil", schimpft Hähnel später im Flur und kündigt Berufung an. Manfred Becker, Lichtenberger Fraktionschef der SPD, bezeichnet das Urteil als Genugtuung: "Die NPD ist mit ihrer gezielten Provokation nicht durchgekommen." Auch Annika Eckel von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) begrüßt das Vorgehen der Abgeordneten, inhaltlich wie juristisch der NPD Paroli zu bieten: "Die Demokratie muss klar ihre Grenzen aufzeigen."
Für die Berliner NPD ist die Verurteilung ihres Chefs ein weiterer Schlag. Der Landesverband steckt in der Krise, musste zuletzt viele Austritte hinnehmen und ist aus der Öffentlichkeit beinahe verschwunden. Laut dem Verfassungsschutz wird dies intern auch der "Unzuverlässigkeit und dem mangelnden Engagement" Hähnels angelastet. Dessen Verurteilungen zerstören nun auch das anvisierte bürgerliche Image der Partei.
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