Geldgeschäfte im US-Collegesport: Ende des Kontaktverbots
Die vielleicht talentierteste Basketballerin, Azzi Fudd, wird jetzt von NBA-Superstar Stephen Curry vermarktet. Möglich ist dies noch nicht lange.
E s war nur eine Unterschrift unter einen Beratervertrag, aber doch eine Zeitenwende. Azzi Fudd wird künftig vertreten von der Agentur SC30 des NBA-Superstars Stephen Curry: Keine große Sache, sollte man eigentlich denken. Aber: Fudd ist 19 Jahre alt, spielt neuerdings für die UConn Huskies, das Basketballteam der University of Connecticut – und hätte noch im vergangenen Jahr für diese kleine Unterschrift richtig großen Ärger bekommen.
Denn erst seit diesem Jahr ist es den sogenannten Student Athletes erlaubt, neben ihrem Stipendium Geld einzunehmen, ihr Image zu vermarkten oder überhaupt Kontakt zu haben zu einem Management. Es ist der erste Schritt, die Bigotterie, die seit Jahren im College-Sport herrscht, zumindest abzumildern: Künftig profitieren nicht mehr allein die Universitäten und gut verdienenden Trainer*innen von dem Milliardengeschäft, sondern auch die eigentlichen Hauptakteure – ein wenig zumindest, und wenn auch längst nicht alle.
Wie zu erwarten, sind es vor allem die Stars der Universitätsteams, die von der neuen Regelung profitieren. Schon der Ersatzquarterback der Footballmannschaft wird sich als Werbefigur für das lokale Schnellrestaurant mit ein paar Gratismahlzeiten begnügen müssen. Aber eine Paige Bueckers, die als aktuell beste College-Basketballerin gilt, hat nach einem Deal mit dem Online-Händler StockX nun noch einen mit Gatorade unterschrieben und ist Werbekollegin von Michael Jordan und Serena Williams. Auf eine Million Dollar werden ihre jährlichen Werbeeinahmen geschätzt.
Künftig wird sich die 20-jährige Bueckers das Rampenlicht aber vermutlich mit Azzi Fudd teilen müssen. Die spielte schon als 16-Jährige so gut gegen zwei Jahre ältere Konkurrentinnen, dass sie zur besten Highschool-Basketballerin des ganzes Landes gekürt wurde. Sie ist die jüngste Spielerin, die jemals diese Auszeichnung erhielt. „Das größte Talent seit Jahrzehnten“, glaubt man dem Sportsender ESPN. Sie ist schnell, dribbelstark und mit einem begnadeten Ballgefühl ausgestattet, mit dem sie souverän auch Würfe aus großer Distanz versenkt.
„Die Jungs fertiggemacht“
Ein Profil, das nicht zufällig an den dreifachen NBA-Meister Stephen Curry erinnert, der sich dieser Tage gerade anschickt, den Rekord für die meisten versenkten Dreier in der NBA-Geschichte zu brechen. „Azzi Fudd ist das nächste Gesicht des Frauenbasketballs“, sagt Curry, der mit Fudds Familie befreundet ist, seit er das 1,80 Meter große Talent vor zwei Jahren zu einem seiner Nachwuchscamps eingeladen hatte – als eines von zwei Mädchen. Dort gewann sie nicht nur den Dreierwettbewerb, sondern, so erinnert sich Curry, „das Mädchen hat die Jungs fertiggemacht – so was hatte ich noch nicht erlebt“.
Dass der Superstar von den Golden State Warriors, der sich als Vater zweier Töchter schon länger für Gleichberechtigung engagiert, nun mit seiner Agentur das Management von Fudd übernommen hat, ist nur folgerichtig. Aber auch eine gute Geschäftsentscheidung. Der Frauenbasketball verzeichnet in den USA stetige Zuwächse, die College-Teams und auch der NBA-Ableger WNBA werden immer beliebter – und Azzi Fudd hat nicht nur das sportliche Vermögen, der nächste große Star des Sports zu werden, sondern auch eine besonders gut vermarktbare, leicht rührselige Geschichte.
Azzis Mutter Katie war auf dem besten Wege in die WNBA, als ein schwerer Kreuzbandriss ihre Karriere beendete. Katie konzentrierte ihren Ehrgeiz fortan auf ihre Tochter, die kaum laufen konnte, als sie schon die ersten Bälle auf tiefergelegte Körbe werfen musste. Die frühe Förderung hatte Erfolg: Azzi wurde immer besser, gewann Weltmeisterschaftsgold mit den US-Jugendnationalmannschaften und stellte ständig neue Rekorde auf. Aber kurz nach der Wahl zur besten Highschool-Spielerin schlug das Schicksal zu: Azzi verletzte sich im Training, in ihrem rechten Knie war so ziemlich jedes Band gerissen, die Geschichte schien sich zu wiederholen.
Doch Azzi Fudd biss sich durch, fand nach OP und Reha zu alter Stärke zurück und entschied sich für die UConn Huskies, wo schon ihre gute Freundin Paige Bueckers spielt. Der Übergang von der Highschool zum College war noch etwas holprig, momentan läuft es für UConn nicht so rund wie erwartet, weil die beiden Jungstars verletzt aussetzen müssen. Aber Azzi Fudd kann sich ja nun ganz offiziell Rat holen bei ihrem prominenten Berater.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!