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Geldfluss beim Energieversorger EWEEnergiekonzern in Erklärungsnot

Die Verbindung des Oldenburger Energieversorgers EWE AG zu der Agentur Prevent, die Präventionsmaßnahmen an Schulen durchführt, wird immer dubioser.

Welche - finanzielle - Verbindung besteht zwischen EWE und der Agentur Prevent? Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Verbindung des Oldenburger Energieversorgers EWE AG zu einer Agentur, die Präventionsmaßnahmen an Schulen in Nordwestdeutschland durchführt, wird immer dubioser und bringt den Energiekonzern und die Agentur in Erklärungsnöte. Es scheint eine ganze Menge Geld auf Privatkonten der Agentur-Chefin zu verschwinden - und das schon seit Jahren.

Die taz nord hatte am Dienstag berichtet, dass die EWE AG seit über zehn Jahren mit der ebenfalls in Oldenburg ansässigen Agentur Prevent GmbH zusammenarbeitet. Die Agentur organisiert das Präventionsprogramm "Sign" mit Seminaren an Schulen. Für insgesamt 1.176 Schulklassen erhält sie dafür eine Pauschalvergütung von der EWE Netz GmbH. Unterlagen belegen, dass die EWE Netz GmbH - eine hundertprozentige EWE-Tochter - "Sign" im Jahr 2010 mit knapp 3,37 Millionen Euro finanziert hat, dass in dem Jahr allerdings nur einige hundert Veranstaltungen stattgefunden haben.

Weitere Unterlagen belegen, warum die Staatsanwaltschaft Oldenburg im vergangenen Jahr gegen die Geschäftsführerin der Agentur, Claudia del Valle y Fuentes, wegen des Verdachts auf Geldwäsche ermittelte. Zwar wurde das Verfahren eingestellt, gleichwohl machen die von zwei Banken als verdächtig gemeldeten Sachverhalte stutzig.

Laut Verdachtsanzeige vom April 2010 einer Oldenburger Bank beim Landeskriminalamt Niedersachsen, gingen auf dem Konto der Agentur Prevent "jährlich ca. 3,3 bis 3,4 Mio von der EWE Netz GmbH ein". Auffällig sei, dass neben einem Gehalt der Agentur Prevent "weitere Mio 2,8 in 2009 und Mio 2,8 in 2008 auf die Privatkonten von Frau Claudia del Valle y Fuentes" bei einer anderen Bank übertragen wurden.

Außerdem gingen Zahlungen der EWE Netz GmbH auf das Konto der Prevent KG ein, deren Geschäftsführerin und Gesellschafterin del Valle y Fuentes ist. Die Bank urteilte, die Überträge auf die Privatkonten von del Valle y Fuentes stünden "in keinem Verhältnis zu den Eingängen für das Projekt". Eine missbräuchliche Verwendung der von der EWE Netz GmbH gezahlten Gelder könne man "nicht ausschließen".

Die Bank, die die Privatkonten del Valles verwaltet, erstattete am 22. März 2010 ebenfalls Anzeige: Die Nutzung der Konten habe sich "in letzter Zeit" verändert, "da Frau Claudia del Valle Geschäftsumsätze über Privatkonten abwickelt". Art und Höhe der Umsätze passten nicht "zu den uns bekannten Verhältnissen". So wanderten am 26. Januar 2010 rund 700.000 Euro vom Konto der Agentur Prevent GmbH auf del Valles Privatkonto.

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg stellte die Ermittlungen ein, da die Geldflüsse auf vertraglichen Vereinbarungen zwischen den beteiligten Unternehmen beruht hätten; Geldwäsche aber setze Geld aus rechtswidrigen Geschäften voraus.

Del Valle reagierte mit einer Stellungnahme: Das Ermittlungsergebnis zeige, dass sie sich nicht strafbar gemacht habe. Außerdem stellte sie Strafanzeige gegen Unbekannt, weil geheime Unterlagen an die Medien gelangt seien. Das Projekt "Sign" wolle sie mit unverändertem Engagement weiterführen. Zu der Frage, warum da so viel Geld auf ihre Privatkonten fließt, äußerte sie sich am Donnerstag nicht.

Fraglich ist auch, was die EWE zu diesen Transaktionen sagt. Insbesondere deren Vorstandsvorsitzender Werner Brinker hatte sich mehrfach positiv über "Sign" geäußert. Gestern allerdings schwieg das Unternehmen.

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13 Kommentare

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  • AH
    Alexandra Heinzelmann

    Mich würde interessieren, wie der Stand der Dinge ist. Weiß jm. über den aktuellen Stand oder ist die Sache -wie so oft- leise unter den Teppich gekehrt und schwiegenderweise ausgestanden? Habe sehr schlechte Erfahrungen mit der Agenur und ihrer Geschäftsführerin gemacht und hoffe sehr auf Aufklärung!!!

  • MR
    Michaela Reinhart

    Endlich wird dises meiner Meinung nach mehr als dubiose Unternehmen unter die Lupe genommen. Meine Tochter wurde bei einem solchen Projekt in der Schule unpädagogisch und diffamierend behandelt.Auf meine telefonische Beschwerde haben die Mitarbeiter mit Drohgebärden und Beschimpfungen reagiert. Ich habe damals schon gedacht , das die irgendwie mit SCientology zusammenhängen.

  • MG
    Matthias Gentsch

    Das Material, dass von der Agentur "prevnt" den Schulen in Niedersachsenlen angeboten wird, scheint ursprünglich Material von Lions Quest zu sein, jedenfalls wird es in anderen Regionen als solches angeboten.

    Möglicherweise ist hier die Querverbindung zur Agentur in Oldenburg zu finden. Ist der Mann von Claudia del Valle nicht genauso Lionsbruder wie es solche in der EWE Vorstandsebene gibt ( Dr. Brinker?) und wohl auch im Kultusministerium bzw. der Landesschulbehörde in Niedersachsen. Oder wie kommt eine solche Agentur dazu, vom Land Niedersachsen bezahlte Lehrerstellen disponieren zu können?hren Kommentar hier eingeben

  • NA
    Naruto A

    Mich würde mal interessieren, ob es stimmt, dass bei der Agentur prevent hauptsächlich freigestellte Lehrkräfte des Landes Niedersachsen arbeiten, die nicht von der Agentur, sondern aus Steuermitteln bezahlt werden? Sollte das so sein, sind die von der Agentur angegebenen hohen Kosten für das sign Projekt wohl kaum gerechtfertigt. Vielmehr müßte man sich fragen, ob hier nicht ein weitreichendes Korruptionsnetz zu Lasten der Allgemeinheit gesponnen wurde. Dann wäre der Staatsanwalt wieder gefragt, und zwar nicht nur wegen Geldwäsche. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass bei der EWE auf höchster Ebene (der Vorstand scheint ja ein persönlicher Freund der Agenturchefin zu sein) niemand etwas von der dubiosen Finanzschieberei dieser Person gewußt hat.

  • JB
    John B.

    Endlich wurde die Agentur prevent überprüft und ich hoffe, dass alle Ungereimtheiten aufgedeckt werden; davon gibt es m.E. genügend, um die Agentur zu schließen und das Programm SIGN zu beenden.

    Dass die EWE die Geschäftsleitung der Agentur so hoch mit den Geldern der Energiezahler finanziert, ist ein weiterer Skandal "unseres" Energieversorgers.

    Eine Offenlegung aller Zahlen (Gehälter, Sonderzahlungen, Geldtransfers usw.) ist dringend erforderlich. Transparenz. Kann die EWE das leisten?

     

    Als ein ehemaliger Mitarbeiter -glücklicherweise nur wenige Monate- habe ich einen guten Einblick in die Geschäftspolitik der Agentur prevent erhalten dürfen. ...

     

    Ich habe den Gas- und Stromvertrag, den ich mit der EWE einst geschlossen hatte, vor zwei Jahren bereits gekündigt und bin zu anderen Energieversorgern gewechselt.

  • SE
    Sascha Eder

    Mal eine Frage zu den Pauschalabrechnungen: Werden in der privaten Bildungsbranche nicht normalerweise konkret erbrachte Leistungen abgerechnet, d.h. so und so viele Workshops in den und den Schulen an dem und dem konkreten Tag? Da arbeitet ja jede Volkshochschule seriöser als diese Agentur. Kann mir kaum vorstellen, dass so ein großes Unternehmen wie die EWE derartige Abrechnungen zulässt. Wie müssen dann nur die Verträge zwischen den beiden Unternehmen aussehen: "Hier ich geb Dir jedes Jahr 3,5 Millionen Ocken. Dafür schreibst Du mir pauschale Rechnungen" oder wie?! Das stinkt doch alles vorne und hinten.

     

    Und noch eine Frage zum Verständnis: Wenn die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einstellt, ist das doch kein Freispruch, oder? Der kann doch nur durch einen Richter erteilt werden, wenn Anklage erhoben wurde. Mit anderen Worten: Die Stellungnahme dieser Frau, dass festgestellt wurde (sic!), dass es zu keinen strafbaren Handlungen kam, ist schlichtweg Blödsinn. Es fehlten einfach genügend Hinweise zur Anklageerhebung, nicht mehr und nicht weniger. Das heißt nicht, dass sie eine weiße Weste hat oder ihr das von einem Gericht bescheinigt wurde, wie sie jetzt Glauben machen will.

  • HH
    Hansi Hans

    Der oldenburger Nordwestzeitung ist heute zu entnehmen, dass diese oldenburger Sign-Agentur nun Stephan Holzinger aus München, einen Super-Experten für Krisenberatung, engagiert hat. Was der jetzt wohl wieder kostet? Wird auch sein Honorar von der Agentur bezahlt? Wenn ja, wäre das der nächste Skandal bei diesem "gemeinnützigen" Projekt...

     

    Sowieso frage ich mich, warum man einen solchen Experten engagieren muss, wenn man doch nichts zu verbergen hat...

     

    Am besten wäre es doch, in Absprache mit der EWE, alles offen zu legen. Wie viel Geld gab es wirklich, wieviel Veranstaltungen haben wirklich stattgefunden und was haben sie jeweils gekostet? Was blieb bei der Geschäftsführerin hängen?

     

    Es sollte doch auch im Interesse der EWE sein, öffentlich dazulegen, wofür sie die Kundengelder bei Sign verwenden. Wenn sie wirklich bei den Schulen und Schülern ankommen ist doch alles in Ordnung.

     

    Ich frage mich auch, ob der Aufsichtsrat der EWE überhaupt seine Kontrollpflicht ordnungsgemäß wahrgenommen hat.

  • MR
    Michaela Reinhart

    Endlich wird dises meiner Meinung nach mehr als dubiose Unternehmen unter die Lupe genommen. Meine Tochter wurde bei einem solchen Projekt in der Schule unpädagogisch und diffamierend behandelt.Auf meine telefonische Beschwerde haben die Mitarbeiter mit Drohgebärden und Beschimpfungen reagiert. Ich habe damals schon gedacht , das die irgendwie mit SCientology zusammenhängen.

  • MG
    Matthias Gentsch

    Das Material, dass von der Agentur "prevnt" den Schulen in Niedersachsenlen angeboten wird, scheint ursprünglich Material von Lions Quest zu sein, jedenfalls wird es in anderen Regionen als solches angeboten.

    Möglicherweise ist hier die Querverbindung zur Agentur in Oldenburg zu finden. Ist der Mann von Claudia del Valle nicht genauso Lionsbruder wie es solche in der EWE Vorstandsebene gibt ( Dr. Brinker?) und wohl auch im Kultusministerium bzw. der Landesschulbehörde in Niedersachsen. Oder wie kommt eine solche Agentur dazu, vom Land Niedersachsen bezahlte Lehrerstellen disponieren zu können?hren Kommentar hier eingeben

  • NA
    Naruto A

    Mich würde mal interessieren, ob es stimmt, dass bei der Agentur prevent hauptsächlich freigestellte Lehrkräfte des Landes Niedersachsen arbeiten, die nicht von der Agentur, sondern aus Steuermitteln bezahlt werden? Sollte das so sein, sind die von der Agentur angegebenen hohen Kosten für das sign Projekt wohl kaum gerechtfertigt. Vielmehr müßte man sich fragen, ob hier nicht ein weitreichendes Korruptionsnetz zu Lasten der Allgemeinheit gesponnen wurde. Dann wäre der Staatsanwalt wieder gefragt, und zwar nicht nur wegen Geldwäsche. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass bei der EWE auf höchster Ebene (der Vorstand scheint ja ein persönlicher Freund der Agenturchefin zu sein) niemand etwas von der dubiosen Finanzschieberei dieser Person gewußt hat.

  • JB
    John B.

    Endlich wurde die Agentur prevent überprüft und ich hoffe, dass alle Ungereimtheiten aufgedeckt werden; davon gibt es m.E. genügend, um die Agentur zu schließen und das Programm SIGN zu beenden.

    Dass die EWE die Geschäftsleitung der Agentur so hoch mit den Geldern der Energiezahler finanziert, ist ein weiterer Skandal "unseres" Energieversorgers.

    Eine Offenlegung aller Zahlen (Gehälter, Sonderzahlungen, Geldtransfers usw.) ist dringend erforderlich. Transparenz. Kann die EWE das leisten?

     

    Als ein ehemaliger Mitarbeiter -glücklicherweise nur wenige Monate- habe ich einen guten Einblick in die Geschäftspolitik der Agentur prevent erhalten dürfen. ...

     

    Ich habe den Gas- und Stromvertrag, den ich mit der EWE einst geschlossen hatte, vor zwei Jahren bereits gekündigt und bin zu anderen Energieversorgern gewechselt.

  • SE
    Sascha Eder

    Mal eine Frage zu den Pauschalabrechnungen: Werden in der privaten Bildungsbranche nicht normalerweise konkret erbrachte Leistungen abgerechnet, d.h. so und so viele Workshops in den und den Schulen an dem und dem konkreten Tag? Da arbeitet ja jede Volkshochschule seriöser als diese Agentur. Kann mir kaum vorstellen, dass so ein großes Unternehmen wie die EWE derartige Abrechnungen zulässt. Wie müssen dann nur die Verträge zwischen den beiden Unternehmen aussehen: "Hier ich geb Dir jedes Jahr 3,5 Millionen Ocken. Dafür schreibst Du mir pauschale Rechnungen" oder wie?! Das stinkt doch alles vorne und hinten.

     

    Und noch eine Frage zum Verständnis: Wenn die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einstellt, ist das doch kein Freispruch, oder? Der kann doch nur durch einen Richter erteilt werden, wenn Anklage erhoben wurde. Mit anderen Worten: Die Stellungnahme dieser Frau, dass festgestellt wurde (sic!), dass es zu keinen strafbaren Handlungen kam, ist schlichtweg Blödsinn. Es fehlten einfach genügend Hinweise zur Anklageerhebung, nicht mehr und nicht weniger. Das heißt nicht, dass sie eine weiße Weste hat oder ihr das von einem Gericht bescheinigt wurde, wie sie jetzt Glauben machen will.

  • HH
    Hansi Hans

    Der oldenburger Nordwestzeitung ist heute zu entnehmen, dass diese oldenburger Sign-Agentur nun Stephan Holzinger aus München, einen Super-Experten für Krisenberatung, engagiert hat. Was der jetzt wohl wieder kostet? Wird auch sein Honorar von der Agentur bezahlt? Wenn ja, wäre das der nächste Skandal bei diesem "gemeinnützigen" Projekt...

     

    Sowieso frage ich mich, warum man einen solchen Experten engagieren muss, wenn man doch nichts zu verbergen hat...

     

    Am besten wäre es doch, in Absprache mit der EWE, alles offen zu legen. Wie viel Geld gab es wirklich, wieviel Veranstaltungen haben wirklich stattgefunden und was haben sie jeweils gekostet? Was blieb bei der Geschäftsführerin hängen?

     

    Es sollte doch auch im Interesse der EWE sein, öffentlich dazulegen, wofür sie die Kundengelder bei Sign verwenden. Wenn sie wirklich bei den Schulen und Schülern ankommen ist doch alles in Ordnung.

     

    Ich frage mich auch, ob der Aufsichtsrat der EWE überhaupt seine Kontrollpflicht ordnungsgemäß wahrgenommen hat.