: Geld korrumpiert doch
■ betr.: „Viele hoffen auf das schnelle Geld“ u.a., taz vom 25.7. 97
[...] Die drei Artikel zeigen ganz deutlich, daß linkes Bewußtsein ein installiertes Klientelbewußtsein darstellt; was meine Meinungsgötter mir an Verhalten vorbeten, ist verbindlich. Und ich sage euch, Geld korrumpiert doch.
Daß in den meisten Fällen Aktien als Depotstimmrecht von der Anbieterbank verwaltet werden, daß Aktiengewinne also genau wie Zinsen der Bank für einen bestimmten Zeitraum für bankinterne Spekulationen zur Verfügung stehen, die der Aufsicht des Aktienbesitzers temporär entzogen werden, erscheint mit keinem Wort in dem Artikel. Mit der Börse ist es wie mit dem Bundestag: Mitbestimmung geschieht nur indirekt. Ich frage also, wo hier eine gesellschaftliche Mitwirkungsmöglichkeit für den kapitalanlegenden Bürger entstehen soll. Auch wenn man durch Börsengewinne direkt niemanden schädigt, die Flucht in kapitalistische Institutionen, gespeist aus einer postmodernen Zukunftsangst, zeigt, daß der Konservatismus sich jetzt auch institutionell in linken Kreisen breitmacht. Bebel und Lassalle haben uns arme Linke um die Möglichkeit betrogen, gute Kapitalisten zu werden. Nicola Liebert und Konsorten geben uns nun die Argumente an die Hand, um unsere letzten linken Bewußtseinsfetzen in den Geschichtsmüll zu werfen. Spekulanten, Linke, Bankrotteure aller Länder, vereinigt euch, Onkel Joschka wird's schon richten. Na dann, gute Nacht, und schlaft schön auf euren Aktienpaketen. Michael Andersdenk, Köln
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