Geld für Kohleregionen: Politik fürs Wohlverhalten
Mit den Fördermilliarden für die sterbenden Kohleregionen ist es wie mit dem versprochenen Golf fürs Abi: Kann klappen, muss aber nicht.
V ierzig Milliarden Euro für die nächsten zwanzig Jahre – das Gesetzespaket der Bundesregierung für die sterbenden Kohleregionen wirkt ein bisschen wie ganz früher der versprochene Golf zum bestandenen Abitur: Passt gut auf und macht am Wahlsonntag eure Kreuzchen nicht an der falschen Stelle – es soll euer Schaden nicht sein. So in etwa lautet die Botschaft der Großen Koalition an die Sachsen und Brandenburger.
Tatsächlich ist die Sorge berechtigt, dass die Ostdeutschen an diesem Wahlsonntag ihre Demokratieprüfung nicht bestehen könnten. In Brandenburg liegt die stramm rechte Landes-AfD in den Umfragen gleichauf mit der seit drei Jahrzehnten regierenden SPD. Und in Sachsen redet sich der CDU-Ministerpräsident den Mund fusselig, um seine Landsleute doch noch einmal von seiner Partei zu überzeugen.
Immerhin, in den Umfragen geht es aufwärts für Woidke und Kretschmer. Die Fördermilliarden für die Kohleregionen in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen sind ein gutes, wenngleich arg spätes Zeichen für die Menschen dort, dass der Staat ihre Probleme sieht und wild entschlossen ist, ihnen durch künftige schwere Zeiten zu helfen.
Natürlich hat Grünen-Chefin Annalena Baerbock recht mit ihrer Kritik an der Ungleichzeitigkeit der einzelnen Gesetze. So soll das Gesetz zu den Strukturhilfen erst in Kraft treten, wenn auch das Gesetz zum konkreten Ausstieg aus der Kohle verkündet ist. Das ist, als würde man dem Abiturienten vorsorglich einen ganzen Fuhrpark vor die Tür stellen, aber die Autoschlüssel erst einmal einbehalten.
Trotzdem ist das Milliardenpaket eine gute Idee. Die Menschen in den Kohleregionen brauchen mehr als Fahrradwege und lauschige Heimatstuben. Sie brauchen Jobs, eine Zukunft für sich und ihre Familien. Andernfalls sind sie weg. Wenn es so weit ist, wenn das Geld fließt, kommt es deshalb auf den klugen Einsatz der Milliarden an. Bessere Bildung, schnelles Netz, gute Bahnverbindungen und eine kluge Unternehmenspolitik – aus dem Abiturienten könnte ein Einserstudent werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen