: Gekränkte Männer -betr.: "Mann-O-Mann", taz vom 9.3.94
Betr.: „Mann-O-Mann“, 9. 3. 1994
An die Männer der taz Hamburg.
9. März 1994. Die Männer der taz Hamburg fühlen sich verkannt. Auch sie wurden am Frauenstreiktag von ihren Kolleginnen bestreikt, etwas, das doch im krassen Widerspruch zur Eigenwahrnehmung der taz-Männer als emanzipierte Wesen steht. Gehören sie nicht zu jenen Zeitungen, „die ohnehin ein offenes Ohr für die Belange der Frauen haben“? (Kai von Appen).
Das gekränkte Bewußtsein macht sich Luft im hauseigenen Sprachrohr tazIntern, wo sich die Tazler zum Streik der Tazlerinnen äußern dürfen: Johann Nissen findet den Streik überflüssig, „weil ich nicht den Eindruck habe, daß die Frauen hier unterdrückt sind“. Wolfgang Mischke vermißt ganz generell „ein Konzept“. Eike Falk findet es wichtig, daß viele Frauen auf den Rathausmarkt gehen, „weil der Frauentag für die Frauen wichtig ist, die in anderen Betrieben arbeiten“ (nicht etwa für die, die im taz-Betrieb arbeiten.) Und Markus Scholz vermißt schließlich eine Erklärung der taz-Frauen an die taz-Männer, „welchen Sinn und Zweck es macht, daß wir heute bestreikt werden“.
Immerhin, Markus scheint noch neugierig auf die Gründe seiner Kolleginnen zu sein, für die restlichen zitierten taz-Mitarbeiter liegt der Fall klar: Es gibt gar keine. Die wünschenswerte Konsequenz aus dem Frauenstreik, daß auch Männer das eigene Verhalten in ihren jeweiligen Zusammenhängen kritisch überprüfen, sie scheiterte in der taz, zumindest nach außen hin, an einer unübertroffenen Arroganz und Selbstzufriedenheit.
Dabei würde es reichen, sich nur einmal die taz Hamburg vom selben Tag anzugucken: Da klagt ein Uli Exner - zu dessen Leid am Streikmorgen kein Misthaufen vor der taz-Tür lag, und der deswegen wohl oder übel zum Rathausmarkt gehen mußte, um dort nach Anlässen für einen Verriß zu suchen -, daß er auf dem Rathausmarkt nur Wohlbekanntes zu hören bekam, von der Gewalt gegen Frauen bis zu den Forderungen der Hausfrauengewerkschaft. Und rasch ist eine Überschrift getitelt: „Parolen, Klischees, Lücken“. Wir wissen nicht, ob Herr Exner sich statt banaler und gar nicht neuer Wahrheiten eher buntes Straßentheater erhofft hatte, aber eines sei hier doch nochmal klargestellt: wenn bestimmte Forderungen nach Veränderung zum hundertsten Mal wiederholt werden, so ist der richtige Ausdruck hierfür nicht „Klischee“, sondern „unerfüllte Forderungen“. Dies nur ein Beispiel für eine Berichterstattung, die in bezug auf Frauenthemen und die „Belange der Frauen“ öfters mal den Ton verfehlt; erinnert sei z. B. auch an die Peinlichkeiten während des letzten internationalen Frauentages (der beleidigte Fotoreporter) und - die ganze taz betreffend - an die Lancierung der „Mißbrauch mit dem Mißbrauch“-Debatte. Auf die Tagesdeutung der taz Hamburg vom 9. März, die da lautet, „Mädels, wir lieben Euch. So, wie Ihr seid!“ können wir nur antworten „Jungs, ändert Euch!“
Karen Jaehrling, Katja Taxis,
Ulrike Linz
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