piwik no script img

GeiselnahmeMilitär in Afghanistan im Anmarsch

Das afghanische Militär hat sich in der Region zusammengezogen, in der die Taliban die südkoreanischen Geiseln gefangen halten. Die Bevölkerung wurde gewarnt.

Berichte über Aktion zurückgewiesen: Afghanische Soldaten Bild: dpa

GHASNI/KABUL afp/dpa/rtr/ap Nach dem Ablauf eines weiteren Ultimatums am Mittwoch ist das Schicksal der 21 südkoreanischen Geiseln in Afghanistan weiter ungewiss gewesen. Die Regierungen in Kabul und Seoul wiesen Berichte über eine bevorstehende Militäraktion zur Befreiung der Gefangenen zurück. Das afghanische Verteidigungsministerium betonte am Mittwochabend erneut, Ziel der Militäroperation gegen die Taliban in der südostafghanischen Provinz Ghasni sei nicht die Befreiung der Entführten. Der Sprecher des Außenministeriums in Seoul, Lee Youn Soo, sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Yonhap, die afghanische Regierung werde keine Militäroperation ohne die Zustimmung Südkoreas beginnen.

Die Taliban haben für den Fall einer Militäroperation zur Befreiung der Geiseln gedroht, die Südkoreaner zu töten. Deren Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, nach Ablauf der Frist sei keine weitere Geisel umgebracht worden. Derzeit gebe es kein neues Ultimatum. Eine neue Frist sei aber nicht ausgeschlossen, sollten die afghanische und die koreanische Regierung signalisieren, dass sie auf die Forderungen der Geiselnehmer eingehen. Die Taliban fordern im Austausch gegen die am 19. Juli in Gassni entführten Südkoreaner die Freilassung von mehreren ihrer Gesinnungsgenossen aus afghanischen Gefängnissen.

Zum Zeitpunkt des Ablaufs des vorerst letzten Ultimatums am Mittwoch um 9.30 Uhr liefen die Verhandlungen mit den Entführern noch, wie der Abgeordnete Mahmud Gailani, einer der Unterhändler der afghanischen Regierung in Ghasni, sagte. Die Stammesältesten hätten eine Verlängerung um zwei Tage gefordert.

Am Mittwoch hatten örtliche Behörden zunächst von einem unmittelbar bevorstehenden Militäreinsatz gesprochen, was Spekulationen über eine Befreiungsaktion auslöste. Die afghanischen Streitkräfte warfen über Teilen von Ghasni Flugblätter ab, in denen ein Militäreinsatz angekündigt werde. Es handele sich um einen "Routineeinsatz", der in den "kommenden Wochen" beginnen solle, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, General Mohammed Sahir Asimi. Nach Angaben des Chefs des Distrikts Karabagh, Chawadscha Siddiki, sei die Bevölkerung aufgefordert worden, die Region zu verlassen.

Ebenfalls in der Provinz Ghasni wurden die Leichen von vier Gerichtsmitarbeitern entdeckt. Sie waren am 20. Juli, einen Tag nach den 23 Südkoreanern, verschleppt worden, wie die Polizei mitteilte. "Wir haben die vier Männer getötet, weil sie mit der Regierung zusammengearbeitet haben", sagte Taliban-Sprecher Jussuf Ahmadi.

Die in einer pakistanischen Grenzprovinz zu Afghanistan regierenden islamischen Parteien wollen ihre Region in "Afghania" umbenennen. Die Provinzregierung sei durch die Verfassung ermächtigt, den Namen zu ändern, sagte ein führender Provinzvertreter am Mittwoch. Man wolle die Frage aber auf freundschaftlichem Weg klären.

Die pakistanische Zentralregierung war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Regierung in Islamabad befürchtet indes bei einer Umbenennung neuen Streit mit dem benachbarten Afghanistan. Paschtunen leben sowohl diesseits als auch jenseits der gemeinsamen Grenze.

Ein aus einem US-Gefängnis in Afghanistan geflüchteter Al-Qaida-Führer rief die Pakistaner unterdessen zum Sturz der Regierung von Präsident Pervez Musharraf auf. Damit solle der Tod eines radikalen Geistlichen gerächt werden, der bei der Erstürmung der Roten Moschee im vergangenen Monat ums Leben kam, erklärte Abu Jahia al-Libi auf einem im Internet veröffentlichten Video. Musharraf habe Pakistan zu einem Verbündeten der USA und ihrer Anhänger werden lassen, sagte der Extremist. Die 21-minütige Aufnahme wurde am Dienstagabend auf einer islamistischen Website veröffentlicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!