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Geiseln schrieben an Kohl

■ Unbekannter Emissär soll Kohl schon in der vergangenen Woche Brief der in Beirut entführten Firmenvertreter überbracht haben / Wischnewski warnt vor Auslieferung Hamadehs in die USA

Berlin (taz) - Die beiden entführten deutschen Firmenvertreter Rodolf Cordes und Alfred Schmidt haben bereits in der vergangenen Woche aus dem Libanon geschrieben. Einen Brief bekam neben ihren Angehörigen auch Bundeskanzler Kohl. Kanzleramtminister Schäuble soll dem Krisenstab die Botschaft aus Beirut verkündet und Fotos von den beiden Entführten mit aktuellen deutschen Tageszeitungen dabei gehabt haben. Überbracht hatte alles ein bis heute ungenannter Emissär, bei dem es sich nicht um einen Politiker handeln soll. Diese Informationen schleuste das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ durch die in Bonn verhängte Nachrichtensperre. Der geheimnisvolle Briefträger soll bereits am 24. Januar zusammen mit den Eltern Hamadehs in die Bundesrepublik zurückgekehrt sein. In dem Brief an Kanzler Kohl bestätigen Cordes und Schmidt, daß mit ihrer Entführung die Freipressung des in Frankfurt verhafteten mutmaßlichen Flugzeugentführers Mohammed Aly Hamadeh „ohne großes Aufsehen“ erreicht werden soll. Die Briefe waren vor der spektakulären Verhaftung des ebenfalls über Frankfurt eingereisten Bruders Abbas Hamadeh übergeben worden. Dieser, kurzzeitig auch als möglicher Vermittler in der Öffentlichkeit gehandelte Libanese mit Wohnsitz im Saarland, hatte seiner deutschen Ehefrau telefonisch mitgeteilt, er komme, um seinen Bruder „herauszuholen“. Dieser werde irrtümlich für einen von den Männern gehalten, die im Juni 85 eine amerikanische TWA–Maschine entführt hatten: „Eine Verwechslung“. Aber nach seiner Landung saß Abbas Hamadeh nicht am Verhandlungstisch, sondern landete in der Haftanstalt Frankfurt–Preungesheim. Seine Eltern sollen ihn dort überredet haben, ein „brisantes Geheimnis“ preiszugeben. Einen Tag später entdeckte die Polizei ein Flüssigsprengstofflager bei Beckingen im Saarland. Inzwischen halten es Spezialisten des BKA für möglich, daß die verheerende Explosion auf dem Frankfurter Flughafen, bei der im Sommer 1985 drei Menschen getötet wurden, auf einen Transport fehler des von den Brüdern Hamadeh importierten Flüssigsprengstoffs Methylnitrat zurückzuführen sein könnte. Mit dem Depotfund hat sich der Strafanspruch der Bundesrepublik erhöht, so daß sich eine Auslieferung verzögern könnte. Mogadischu–Veteran Wischnewski (Ben Wish, SPD) hat inzwischen die Bundesregierung wiederholt gewarnt, sich durch eine vorschnelle Auslieferung Hamadehs an die USA jeden Verhandlungsspielraum zu zerstören. K.K.

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