Nachgefragt: Gegen die Staatsgewalt
■ Was passierte auf der Wache drei? Brommyplatz?
Polizeibeamten der Wache am Brommyplatz steht eine Strafanzeige wegen Körperverletzung im Amt ins Haus. Am vergangenen Mittwoch kam es nach dem EM-Spiel Deutschland-England zu leichten Krawallen an der Sielwallkreuzung. Die Polizei nahm rund 20 Jugendliche über Nacht fest. Ein junger Mann hatte der taz gegenüber berichtet, auf der Wache von Beamten mit Tritten und Schlägen vermöbelt worden zu sein. Wir wollten von Polizeipräsident Rolf Lüken wissen, was er zu diesen Vorwürfen sagt.
taz: Der junge Mann hat uns gegenüber berichtet, daß er entfernt vom Krawallgeschehen festgenommen wurde. Haben sie bereits die Akten zu diesem Fall eingesehen?
Rolf Lüken, Polizeipräsident: Ja. Tatsache ist, daß der Jugendliche, Flaschen und halbleere Bierdosen auf Polizeibeamte geworfen und sie beleidigt hat. Wir werfen wir ihm Landfriedensbruch, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Beleidigung vor.
Der junge Mann berichtete uns gegenüber von Schlägen und Tritten auf der Wache.
Widerstand gegen die Staatsgewalt bedeutet ja, daß er sich mit Gewalt seiner Festnahme widersetzt hat. Daß er dabei auch Blessuren abbekommen haben kann, bleibt ja gar nicht aus. Er behauptet, er habe diese Verletzungen auf der Wache erlitten, dazu sagt der Aktenbericht logischerweise nichts aus. Aber ich habe eher den Eindruck, daß sie sich auf dem Weg zur Wache ergeben haben.
Bei der Wache sind ja schon mehrmals Verfahren zur Körperverletzung im Amt aufgelaufen, die jedoch mangels Beweislast eingestellt wurden. Wie wollen sie sowas verhindern?
Die ganzen Vorwürfe haben nichts erbracht.Nun kann man sagen, die Staatsanwaltschaft hat schlampig ermittelt und der Polizeipräsident deckt alles. Daß alle, die Vorwürfe erhoben haben, nicht mehr als Zeugen zur Verfügung standen, wenn es ernst wurde, bestätigt mich, daß da nichts dran ist.
Sollte es doch so sein, finden an dieser Wache nicht Beamte zusammen, die in anderen Revieren besser aufgehoben sind?
Es ist nicht so, wie immer behauptet wird, daß sich dort Gruppenprozesse bilden, weil die Beamten so lange zusammenbleiben. Es gibt kaum einen Bereich, der so oft rotiert wie die Polizeireviere. Jede große Stadt hat eine Wache, die beschuldigt wird, sich nicht korrekt zu verhalten. Das hindert uns allerdings nicht daran, sensibel und kritisch diese Dinge weiter zu beobachten.
Was heißt für die Zukunft?
Wir werden unsere Aus- und Fortbildungsanstrengungen fortsetzen, Einzelgespräche suchen und Vorwürfen nachgehen. Aber wir lassen uns nicht irremachen, wenn unberechtigte Forderungen erhoben werden, daß Polizeibeamte nicht mehr einschreiten mögen.
Fragen: kat
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