: Gegen Ausgrenzung
■ 30 Millionen gegen die Arbeitslosigkeit zusammenkriegen
Ziemlichen Ärger mit seiner Gewerkschaft, der HBV, und dem DGB handelte sich der Präsident der Bremer Angestelltenkammer, Bernhard Baumeister, ein, als er jüngst laut über eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge nachdachte. Baumeister möchte gern von jedem Kammermitglied eine Mark mehr pro Monat für Arbeitslosenprojekte haben. Baumeisters Kollegen witterten Verrat an der Gewerkschafts-Forderung, zunächst müßten Bundesregierung, die Bundesanstalt für Arbeit und der Bremer Senat für Umschulung und Arbeitslosenbetreuung aufkommen. In einem Brief erhält Baumeister Unterstützung von zwei Bremer Sozialdemokraten:
Lieber Bernhard, wir begrüßen Deine Initiative und wünschen Dir, daß Du genügend Stehvermögen haben und genügend Unterstützung erfahren wirst, wenigstens einiges davon in die Tat umzusetzen. Soweit wir Dir dabei helfen können, werden wir dies gerne tun.
Besonders wichtig scheint uns, daß Du noch einmal darauf hingewiesen hast, daß aus einer richtigen Einsicht über die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums keine falschen Schlüsse gezogen werden dürfen.
Natürlich können Arbeitslosigkeit, Armut und Ausgrenzung weit effektiver beseitigt werden, wenn das vorhandene Geld für Entwicklung und Produktion ökologisch und sozial sinnvoller Güter oder für eine menschenwürdige soziale Sicherung ausgegeben würde als für Rüstung oder bemannte Raumfahrt oder für eine absurde Steuerreform.
Aber die politischen Forderungen darauf zu richten, heißt doch nicht, daß nicht auch über andere Wege wirksamer Hilfe für die Ausgegrenzten nachgedacht werden muß und darf. Wie soll denn der Kampf gegen ungerechte Vermögensverteilung und gegen die Gleichzeitigkeit von Armut und Verschwendung geführt werden ohne Solidarität? Und wie soll sich Solidarität entwickeln , wenn der eine 5.000 im Monat hat und die andere 850 (wenn sie die hat)?
Ganz abgesehen davon: Solange einige nur abstrakt gegen Rüstungs- und Verschwendungsprojekte wettern, konkrete Forderungen nach einem Stopp für Vorhaben wie Jäger 90, Fregatten oder die bemannte Raumfahrt in Bremen aber nicht unterstützen, solange bleiben Vorschläge wie Deiner richtig, gut und notwendig - mindestens solange.
Laß uns dehalb zwei Anregungen geben, wie Deine Idee noch effektiver und sozial gerechter gemacht werden könnte. Wenn Du den Solidarbeitrag für die zehn Prozent der am besten Verdienenden auf zehn Mark, für die nächsten zehn Prozent auf fünf Mark und für weitere 30 Prozent auf eine Mark festsetzen würdest, hättest Du nicht zwei, sondern 3,5 Millionen und außerdem die geringer Verdienenden nicht belastet. Und wenn Du dann noch den Senat aufforderst, statt des ungleichen 13. Monatsgehalts für alle öffentlich Bediensteten ein gleiches Weihnachtsgeld von, sagen wir 2.500 Mark zu zahlen (was für einige mehr als heute und für die anderen immer noch genug wäre), dann wären das noch einmal schätzungsweise mindestens 25 Mio. oder rund 500 Dauerarbeitsplätze.
Die skandalöse Bonner Politik würde damit zwar nicht weniger skandalös, aber für Bremen wär das doch schon mal was, oder? Mit freundlichem Gruß
Edo Luebbing , Gerd Syben
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