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Gefeuerte Kassiererin über Urteil"Nur ein Vorwand"

Die frühere Kaisers-Kassiererin Barbara E. kann das Urteil des Arbeitsgerichts zu ihrer Kündigung nicht nachvollziehen. Doch sie will weiter für ihre Rechte kämpfen.

Schon lange nicht mehr bei Kaisers einkaufen gewesen: Barbara E. Bild: dpa
Interview von Kai Schlieter

taz: Barbara E., das Gericht hat sein Urteil gefällt. Die Kündigung von Kaisers ist rechtmäßig. Wie war Ihre erste Reaktion?

Frau E.: Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich würde gerne weiter als Kassiererin arbeiten. Schließlich habe ich immer das Beste gegeben. Aber man will mich nicht lassen. Ich verstehe es nicht.

Das Gericht argumentiert, das Vertrauen Ihres ehemaligen Arbeitgebers sei wegen der 1,30 Euro zerstört …

Das ist für mich nur ein Vorwand. Letztendlich geht es doch nur darum, unliebsame Mitarbeiter loszuwerden. Das ist es.

Das klingt unbeugsam. Sie gehen in die nächste Instanz?

Genauso ist es. Das Gericht ist ausschließlich meinem ehemaligen Arbeitgeber gefolgt, von unserer Argumentation wurde nichts berücksichtigt. Wir wollen Verfassungsklage einreichen. Gegen das Urteil werden wir bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen. Denn ich will das so nicht im Raum stehen lassen, schließlich habe ich nichts getan.

Sie sind eine Kämpfernatur?

Das bin ich immer gewesen. Wenn ich mein Recht haben will, dann bekomme ich es auch. Außerdem habe ich ja sehr viele Unterstützer. Mutlosigkeit ist mir fremd und schlimmer kann es ja wohl nicht kommen.

Für manche sind Sie jetzt eine Heldin, ein weiblicher David. Finden Sie diese Inszenierung nicht gruselig?

Ich sehe das nicht so. Das Medieninteresse ist eben da, und als David fühle ich mich nicht. Ich kämpfe einfach für meine Rechte. Am Anfang ging es mir dabei nur um mich. Jetzt denke ich, dass mein Kampf auch anderen nützt, wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter auf Verdacht loswerden können.

Gab es von Seiten Ihrer Sympathisanten schon ein Jobangebot?

Nein.

Gehen Sie eigentlich noch bei Kaisers einkaufen?

Schon lange nicht mehr.

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6 Kommentare

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  • P
    Pfand

    Ganz einfach hier wurde eine Frau gekündigt weil sie sich gewehrt hat! Nicht einfach hingenomen, nein sie hat es gewagt vor Gericht zu gehen und wer da gewinnt ist doch klar, der mit dem besseren Anwallt und den hat Kaiser gehabt.

  • AB
    Angela Brederecke

    Der M. Kaufmann hat mit seinem richtigen Namen hier geschrieben. Er ist selbständiger Einzelhändler und handelt mit Instrumenten.

    Was den Inhalt betrifft:

    Wenn in einem Unternehmen von 36 Leuten 8 anfangen zu streiken, von denen dann 7 in einem "klärenden Gespräch" davon überzeugt werden, das lieber bleiben zu lassen, dann ist doch offensichtlich, dass man auch mit der Achten fertig werden wollte und es kann sich jetzt auch jeder denken wie.

    Das Einkaufen ist auch eine Tätigkeit, die man nur relativ öffentlich erledigen kann und von einem Gehalt als Verkäuferin kann man sich eben für gewöhnlich keinen Einkauf in einem Laden leisten, in dem es teurer ist als am Kiosk.

    In wie weit soll Babara E. denn Kollegen beschuldigt oder "mit reingerissen" haben?

    Hat ihr vielleicht jemand ihr eigenes Leergut abgenommen und wurde dann zur Falschaussage gedräng?

  • S
    Stepes

    Wenn die Kassierin auch ein paar Mile auf ihrem Konto hätte dann würde sie sicher ihren Arbeitsplatz behalten haben.,aber ohne Geldist man ein Niemand. Man muß Ackermann oder Zumwinkel heißen und ein dickes Konto haben dan kann man seinen Job auch behalten.

    Früher standen die Verbrecher gefesselt vor demRichter, heute stehen die Richter gefesselt vor den Verbrechern.

    Von Wilhelm Schlichting)

  • JH
    Joachim Holstein

    Dass die Kassiererin geklaut hat, behaupten nur Kaisers, die Richterin und Sie. Wie kommen Sie dazu, der Firma Kaisers zu glauben - nach all dem, was man über diesen Fall seit Monaten aus öffentlich zugänglichen Quellen lesen kann? Alle Umstände sprechen dafür, dass hier eine Mitarbeiterin, die als einzige im Unternehmen darauf bestanden hat, ihr verfassungsmäßiges Grundrecht des Streiks wahrzunehmen, ausgetrickst wurde.

    So wie Sie schreiben, müssten Sie ja genau wissen, was abgelaufen ist. Waren Sie dabei, als Kaisers die Pfandbons manipuliert hat? Sind Sie vielleicht der Filialleiter, der unter Pseudonym schreibt?

  • MK
    Michael Kaufmann

    Warum soll Kaisers eine Frau wieder einstellen, die bewusst dort NICHT einkauft, und das auch noch herausposaunt? Eine Frau, die eine Kundin bestohlen und eine Kollegin zu Unrecht einer Straftat beschuldigt hat? Eine Frau, die ihr angebliches Recht mit aller Macht durchsetzen will, ohne einzusehen, dass sie absolut im Unrecht ist?

     

    Alles andere als eine schallende Niederlage auf ganzer Ebene kann ich dieser Frau nicht wünschen. Wer klaut, der kann entlassen werden, auch nach 30 Jahren, so ist das nun mal, und so muss es auch sein. Der Arbeitgeber darf dennoch kulant sein, aber er muss es nicht. In diesem Fall muss er es ganz gewiss nicht. Alles Gehetze gegen Kaisers kann nur von Leuten kommen, für die Diebstahl und Kollegen mit reinreißen ein Kavaliersdelikt ist. Das ist es jedoch nicht.

  • AB
    Angela Brederecke

    Ich kenne diese Masche bei Kaiser´s, unliebsame Leute loszuwerden.

    Die Revisoren bereiten so etwas lange vor. Bei ihren Testeinkäufen treten die in Gruppen auf. Offiziel zu zweit, damit die ihre Aussage gegenseitig bestätigen können.

    In der Praxis sieht das dann so aus, dass ein Kunde es wenn er dran ist plötzlich sehr eilig hat den Bus die Bahn oder sonst etwas rechtzeitig zu erreichen. Der drückt einem dann Geld für einen Artikel in die Hand, gleich passend abgezählt und rennt weg ohne das man diesen skannen oder eintippen kann. Dann packt man das Geld in die Kasse und wenn man später dran denkt gibt man den Betrag ein und drückt auf Obst oder was sonst noch keinen Registrierkod hat, damit die Kasse später irgendwie einigermaßen stimmt, was bei einer Kassenabrechnung eigentlich fast nie der Fall ist. Es gibt immer bei jedem irgendwelche Kassendifferenzen. Man kann auch nach dem man seinen Einkauf schon bezahlt hat noch schnell sein Geld vom Leergutbon haben wollen. Dann wird die Kassiererin, die ja gerade die Kasse auf hat gelöchert doch schnell diesen Betrag rauszugeben, da man es ja eilig hat. Natürlich sind genau in diesem Moment dann immer ganz viele Leute an der Kasse stellen irgendwelche Fragen nach Preisen oder erzählen einem, dass sie es ja auch eilig haben und bringen einen auf vielfälltige Art und Weise durcheinander. Dieses wird alles schön registriert und eines Tages wird man dann von der Kasse ins Büro geführt und soll einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Wenn nicht wird die Polizei gerufen, man wird wegen Diebstahl angezeigt und fristlos gekündigt. So ist es mir im März 1998 auch ergangen, bei Kaiser´s in Sarstedt.

    Ich habe mich damals an Ver.di gewand. Vor dem Arbeitsgericht habe ich mich dann auf einen Vergleich eingelassen. Fristgerechte Kündigung, drei Monate Gehalt wurden nachgezahlt, und ein "von Wohlwollen getragenes Führungszeugnis" ausgestellt.

    Vom Amtsgericht Hildesheim bin ich dann noch wegen Diebstahl oder Untreue oder so etwas verurteilt worden. Das Landgericht Hildesheim hat dieses Urteil später dann auch noch bestätigt. Da ich die Tagessätze nicht bezahlen konnte und nicht in den Knast wollte, musste ich die "Strafe" bei Faust in Hannover abarbeiten. In der Zeit konnte ich dann kein Geld verdienen und habe auch kein Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe bekommen. Ich habe mich in der Zeit in meinem Bekanntenkreis durchgeschlaucht, konnte aber keine Miete und so bezahlen. Dadurch wäre ich damals beinah Obdachlos geworden und habe natürlich weitere Schulden angehäuft.

    Ich habe seit dem lange als Hilfskraft gearbeitet. Ich habe mich auch um eine Umschulung bemüht, die das Arbeitsamt aber lange nicht finanzieren wollte, da ich doch einen vielversprechenden Beruf gelernt hätte; Verkäuferin!