Gefährliche Bakterien im Geflügel: Aigners Antibiotika
In der Geflügelhaltung eingesetzte Antibiotika stellen auch für Menschen ein Risiko dar. Agrarministerin Aigner will Lebensmittelkontrolleure besser informieren.
BERLIN taz | Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat den Kontrollbehörden der Länder Daten über den auch für Menschen risikoreichen Antibiotika-Verbrauch in der Geflügelhaltung versprochen.
Um Anhaltspunkte für Kontrollen zu geben, werde der Bund seine Informationen "vollständig" zur Verfügung stellen, kündigte die CSU-Politikerin an. Ziel sei, dass weniger Antibiotika verabreicht werden.
Der Bund erhebt für dieses Jahr das erste Mal, wie viel der Präparate Hersteller und Großhändler an Tierärzte in den einzelnen Postleitzahlgebieten geliefert haben. Auf Betreiben Aigners waren davon aber bisher ausgerechnet die Medikamente ausgenommen, die nur für Geflügel zugelassen sind.
Denn da es lediglich wenige auf Geflügel spezialisierte Ärzte gibt, ließen sich die Betroffenen schon anhand der Postleitzahl identifizieren. Kritiker halten die Ausnahme für problematisch, da in der Geflügelbranche der Antibiotika-Verbrauch hoch ist.
Dass Aigner nun ihren Widerstand aufgegeben hat, liegt offenbar vor allem an einer Ende Oktober bekannt gewordenen Studie einer nordrhein-westfälischen Behörde. Demnach bekamen die meisten der untersuchten Hähnchen Antibiotika - anscheinend oft als Wachstumsdoping. Der Einsatz von Antibiotika beim Tier erhöht aber laut der Europäischen Lebensmittelbehörde die Gefahr, dass diese wichtigen Medikamente bei Menschen nicht mehr wirken.
Schon jetzt sterben in der EU der Weltgesundheitsorganisation zufolge jährlich 25.000 Patienten an Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien. Weil Landwirte zusehends mehr Tiere auf engem Raum halten, werden dort Mutationen der Erreger und damit Antibiotikaresistenzen wahrscheinlicher.
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff, forderte deshalb, die Regeln für die Antibiotika-Vergabe zu verschärfen. Details wollte er noch nicht nennen. Experten weisen aber auf Schlupflöcher etwa im Arzneimittelgesetz hin. Sie ermöglichten es, einen ganzen "Bestand" von beispielsweise 20.000 Tieren mit Antibiotika zu behandeln, obwohl nur einige wenige Tiere erkrankt sind.
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