: Gefährliche Arroganz
■ betr.: „Saddam Hussein warnt die USA“, taz vom 30./31.1. 98
Zweifellos ist Saddam Hussein ein Diktator, und sicher ist auch, daß er große Teile seines Volkes in seinem Sinne gegen einen Teil der Welt aufwiegelt. Aber eben so klar ist, daß ein von den USA vorgesehener „Schlag auf Bagdad“, noch dazu „ungeachtet eventueller ziviler Opfer“ (Originalton des US- Verteidigunsminister Cohen), von menschenverachtendem Zynismus zeugt.
Das Vorhandensein von Massenvernichtungsmitteln im Irak dient den Pentagon-Strategen nur als Vorwand, ihre angehäuften neuesten Waffen im Auftrag und Dienste der Rüstungsindustrie zu testen, und die US-Wirtschaft möchte dort gern einen Statthalter in ihren Diensten eingesetzt wissen (Ölinteressen).
Das Sündenregister der „Weltmacht Nummer 1“ reicht von den Verbrechen in Vietnam, wo noch heute Tausende aufgrund von Herbizideinsätzen (die Chemie- Industrie läßt grüßen) als Krüppel zur Welt kommen, über die Unterstützung lateinamerikanischer Diktaturen (Chile-Putsch 1973) bis zu versuchten Auftragsmorden an Staatsmännern (F. Castro, Kuba). Erst kürzlich beklagte selbst der Papst die US-Wirtschaftsblockadepolitik gegenüber Kuba, welche die Armen besonders benachteilige.
Einer solchen Weltmacht fehlt die moralische Legitimation, sich gegenüber der Welt als Gralshüter von Frieden und Freiheit aufzuspielen. Diesem „nächsten und wichtigsten Verbündeten“ (O-Ton Lippelt, B'90/Grüne) sollte Herr Kinkel signalisieren, daß er sich an die Beschlüsse des Sicherheitsrates zu halten hat.
Übrigens, die UN-Waffeninspekteure im Irak bestanden zu mehr als der Hälfte aus Amerikanern, eine Geste, die den Irak provozieren mußte und sollte!
Wenn nun die Amerikaner meinen, ein Schlag auf Bagdad würde mehr als nur ein „Nadelstich“ sein, so zeugt das von gefährlicher Arroganz, die uns vor solchen Kriegsstrategien warnen muß, zumal Kinkel schon mal vorab durchblicken ließ, daß eine Unterstützung durch die Bundeswehr nicht auszuschließen wäre.
Es ist schon erstaunlich, welch geringes Echo solche Meldungen auslösen. Sollte Clintons Unterleib die Menschen mehr für sich vereinnahmen? Für beide Fälle gilt: Erst kommt das Fressen, dann die Moral! Siegmar Lorenz, Straubing
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