Geert Wilders Europa-Wahlkampf: Stimmungsmache mit Vorurteilen

Die niederländische "Freiheitspartei" unter Vorsitz von Geert Wilders sucht ihr Heil in populistischen Attacken auf die EU. Damit könnte sie Erfolg haben.

Nee und nee: Geert Wilders gibt sich auch im Europawahlkampf gewohnt xenophob. Bild: ap

Mehr als eine Handvoll Silben sind zu viel - nach dieser Devise scheint die Partij voor de Vrijheid (PVV) in ihrem Europawahlkampf vorzugehen. "Mehr Niederlande, weniger Brüssel!", lautet ihr Hauptslogan. Die Türkei dürfe "niemals" in die EU, "korrupte Staaten" wie Bulgarien und Rumänien müssten sie verlassen.

Der Grund für die verbale Sparsamkeit der Populisten: Verschwendet werde in der Europäischen Union schon genug, vor allem die Beiträge des Nettozahlers Niederlande, so lautet das magere Wahlprogramm der Partei. "Wir wollen unser Geld zurück", heißt es daher lapidar. "Erst recht in der heutigen Wirtschaftskrise." Solche Botschaften ziehen zwischen Maastricht und Groningen. Sie knüpfen an den Sommer 2005 an, als 61 Prozent der niederländischen Wähler das europäische Grundgesetz verwarfen. Dieses Nee ist zum Gründungsmythos der EU-Gegner im Land geworden.

Die Freiheitspartei bestand damals noch nicht. Dennoch profitiert sie von dieser EU-Ablehnung, als deren bekannteste Gesichter der Sozialist Jan Marijnissen und der damals parteilose Geert Wilders gelten. Ein Jahr nach der Abstimmung rief Wilders die PVV ins Leben. Seither verkörpert diese das antieuropäische Sentiment wie kaum eine andere niederländische Partei.

Dass inzwischen selbst Christ- und Sozialdemokraten mit euroskeptischen Tönen kokettieren, spielt der PVV in die Hände. Gerade die Regierungsparteien haben aus Angst vor einer weiteren Niederlage eine erneute Abstimmung über den Vertrag von Lissabon abgelehnt. Für die Freiheitspartei ist dies Grund genug, dennoch zu einer Abstimmung aufzurufen. Die Europawahl soll nun zum Referendum über den Lissabon-Vertrag werden.

Dass die Partei an den Wahlen teilnimmt, machte sie erst im Februar deutlich. "Wir gehen für die Niederlande nach Europa", erklärte damals Parteichef Wilders, der selbst auf dem letzten Listenplatz kandidiert und auf alle Fälle in Den Haag bleibt. Chef im eigenen Haus wolle man sein und keine weiteren Befugnisse an "Brüssel" abtreten. Das Europaparlament soll zunächst überflüssig gemacht und dann abgeschafft werden. Auch den Einfluss der EU-Kommission will die PVV so weit beschränken, dass die Gemeinschaft nur noch zu wirtschaftlicher Zusammenarbeit befugt sein wird.

Neben diesen Themen konzentriert sich die Freiheitspartei auch im Europawahlkampf auf ihr Kerngeschäft: die Bekämpfung von Islamisierung und Zuwanderung vor allem aus muslimischen Ländern. Dadurch rückt sie an die übrigen rechtspopulistischen Parteien im Europaparlament heran. Zudem macht die internationale Reputation ihrer Galionsfigur Wilders die Partei zur gefragten Bündnispartnerin einer möglichen Neuauflage der xenophoben Fraktion "Identität, Tradition, Souveranität" in Straßburg und Brüssel.

Dass sie Schätzungen zufolge auf 5 der 25 niederländischen Sitze kommen wird, unterstreicht die Bedeutung der "Freiheitspartei". Andererseits pflegt sie bei Kontakten zu offen rechtsextremen Parteien bislang Zurückhaltung. Keinen Hehl macht sie hingegen daraus, dass die Wahlen zum niederländischen Parlament im nächsten Jahr absolute Priorität haben. Jüngste Umfragen sehen sie gar als stärkste Partei. Die Europawahl wird da zum nützlichen Testlauf.

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