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Gedenktafel vorm Haus zur Erinnerung„Der Mord macht wütend“

Zum 1. Todestag trauert die linke Szene um Maria, eine von einem Polizisten getötete Frau aus Friedrichshain. Ein großes Polizeiaufgebot war vor Ort.

Die Gedenkplatte vor dem Eingang des Hauses, in dem Maria B. vor einem Jahr getötet wurde Foto: picture alliance/dpa/Christoph Soeder

Berlin taz | Eine kleine Tafel ist seit Sonntagnachmittag am Boden vor dem Eingang der Grünbergerstraße 46 in Berlin-Friedrichshain eingelassen, mit dieser Inschrift: „In diesem Haus wurde Maria am 25.1.2020 in ihrer Wohnung in ihren Zimmer von 4 Polizisten erschossen. Der Mord an Maria macht wütend + traurig. Maria rest in Power.“

Rund um die Tafel sind Blumen, mehrere Dutzend Kerzen sowie Fotos der Toten drapiert. Am Sonntagnachmittag hatten dort rund 150 Menschen zum 1. Todestag für Maria B. eine Trauer-und Gedenkveranstaltung abgehalten.

Immer wieder gab es Sprechchöre gegen die Polizei, die mit einem großen Aufgebot vor Ort war. Besonders laut wurden die Rufe, als KundgebungsteilnehmerInnen kontrolliert wurden, weil sie Flyer mit angeblich unvollständigen Impressum verteilt haben sollen.

Auch in den kurzen Reden kam die Trauer über den Tod der 33-jährigen Frau – aber auch die Wut und das Unverständnis, dass sie vor einem Jahr in ihren Zimmer von der Polizei erschossen wurde.

Unverständnis noch heute

Am 24. Januar 2020 war ein Streit mit einem Mitbewohner eskaliert, der daraufhin die Polizei verständigte. Als diese in der Wohnung eintraf, hatte sich Maria in ihrem Zimmer eingeschlossen. Als die Beamten die Tür aufbrechen wollten, habe sie ein Messer in der Hand gehalten und nicht auf die Anweisungen der Polizisten reagiert, hieß es damals in einer Stellungnahme der Polizei nach dem tödlichen Schuss.

Die Ermittlungen gegen den Beamten wurden schon nach wenigen Wochen eingestellt. Das löst bei den KundgebungsteilnehmerInnen noch immer Unverständnis aus. „Maria hatte sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und war hocherregt. Wieso versucht dann schwerbewaffnete Polizei die Tür aufzubrechen?“ Diese Frage einer Rednerin bekam viel Applaus.

Es wurde auch gefragt, warum in solchen Fällen nicht Einrichtungen wie der Sozialpsychiatrische Dienst gerufen werden, die mit den Betroffenen reden, statt bewaffnet Türen aufzubrechen. Bei einigen TeilnehmerInnen der Kundgebung gab es auch selbstkritische Töne: „Selbst in linken Zusammenhängen habe ich es erlebt, dass Menschen, die psychologisch auffällig reagieren, oft wenig Hilfe bekommen. Da heißt es schnell, wir sind keine SozialarbeiterInnen“, sagt eine Frau.

Auch ein Bewohner der Grünbergerstraße 46 ist sehr betroffen über den Tod seiner Nachbarin. „Ich hoffe, dass die Tafel dauerhaft an sie erinnert“, sagte er der taz. Die Tafel wurde von Marias FreundInnen ohne Einwilligung der Hausverwaltung gestaltet.

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