Gedenken an den Tsunami vor 10 Jahren: Spürbare Schicksalsgemeinschaft
Vor zehn Jahren starben nach einem Erdbeben rund um den Indischen Ozean 250.000 Menschen. Für viele ist die Erinnerung noch frisch.
BANGKOK taz | Es war kurz vor acht Uhr morgens Ortszeit am 26. Dezember 2004, als ein verheerendes Beben der Stärke 9,1 die Küste vor der indonesischen Insel Sumatra erschütterte. Als die Fluten kamen, war es für viele Bewohner zu spät. Allein in der damaligen Bürgerkriegsprovinz Aceh starben 170.000 Menschen – rund um den Indischen Ozean waren bis zu 250.000 Tote zu beklagen. In Sri Lanka hatte die gewaltige Welle einen Zug entgleisen lassen, dabei waren fast 2.000 Menschen umgekommen.
Zehn Jahre später sind die äußeren Spuren der Katastrophe getilgt, doch für viele Hinterbliebene und Überlebende ist die Erinnerung so frisch, als hätte der Tsunami erst gestern gewütet. In Aceh erinnerte Vizepräsident Jusuf Kalla an einem Massengrab an die Toten: „Tausende von ihnen liegen allein über diesem Feld verstreut, damals herrschten Verwirrung, Schock, Trauer, Angst und Leid.“ Gleichzeitig würdigte er die Hilfsbereitschaft örtlicher und internationaler Helfer: „Ich habe noch nie eine so außergewöhnliche Solidarität und Großzügigkeit erlebt.“
Mehrere Gedenkfeiern wurden auch in Thailand abgehalten. Am Strand der damals mit am schwersten verwüsteten Touristenhochburg Khao Lak kamen Hinterbliebene und Überlebende aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu einem gemeinsamen Erinnern zusammen. Nach Angaben der damaligen Regierung unter Premierminister Thaksin Shinawatra kamen bei der Katastrophe 5.400 Menschen ums Leben, nahezu die Hälfte waren ausländische Touristen. Auch über 500 Deutsche starben. Inoffizielle Quellen, darunter Beobachter und Helfer, sprachen gegenüber der taz dagegen von mehr als 8.000 Todesopfern in Thailand.
In Khao Lak wurde auch ein Grußwort von Bundespräsident Joachim Gauck verlesen: „Die Bilder von damals haben ihren Schrecken nicht verloren: die Panik, das Chaos, die Wucht, als die große Welle kam“, schrieb Gauck. Zugleich würdigte er die weltweite Hilfsbereitschaft: „Einheimische und Touristen fanden sich damals in einer Schicksalsgemeinschaft zusammen, die bis heute spürbar ist.“
Sorge um die „letzte Meile“
Für den frühen Abend hatte Thailands Regierung Angehörige, Überlebende, Diplomaten und Katastrophenhelfer von einst zur offiziellen Gedenkfeier eingeladen. General Prayut Chan-o-cha, Premierminister und Juntachef in Personalunion, sagte bei der Feier, dass sich die Welt immer öfter schwereren Naturkatastrophen ausgesetzt sehe. Diesen Herausforderungen müsse man begegnen, so Prayut, der sich im Mai nach monatelangen bewusst geschürten politischen Unruhen an die Macht geputscht hatte.
Als der Tsunami Ende 2004 die Küsten Südost- und Südasiens traf, hatte es noch kein regionales Frühwarnsystem gegeben. Mittlerweile gibt es das, wenn auch von Pannen und ungelösten Fragen begleitet. So koordiniert Indonesien heute mit Australien und Indien die Warnrufe für die Anrainer des Indischen Ozeans. Das Indian Ocean Tsunami Warning and Mitigation System bedeutet einen großen Fortschritt, doch den Experten bereitet weiterhin die sogenannte „letzte Meile“ Sorge: die Frage, wie Menschen auch in abgelegenen Orten rechtzeitig gewarnt und evakuiert werden können, ohne dass vor Ort Panik ausbricht.
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