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GeburtenzahlKinder? Nein danke!

Die Zahl der Geburten sinkt, Hamburg ist dabei sogar Spitzenreiter. Eine aktuelle Studie belegt: Vor allem junge, gebildete Frauen haben keine Kinder.

Bestimmt keine Hamburgerinnen: In der Metropole ist der Anteil kinderloser Frauen am höchsten. Bild: dpa

Laut einer aktuellen Untersuchung des Bundesamtes für Statistik ist Hamburg Spitzenreiter bei Kinderlosigkeit. Der Erhebung für 2008 zufolge haben 71 Prozent der 25- bis 34-jährigen Hamburgerinnen keine Kinder. Da können selbst die geburtenschwachen Stadtstaaten Berlin und Bremen nicht mithalten. Auch in der Generation der 35- bis 49-Jährigen führt Hamburg die Tabelle an: 33 Prozent leben ohne Nachwuchs. In den Geburtenjahrgängen 1933 bis 1958 sind immerhin noch 21 Prozent der Frauen kinderlos.

Die hohen Zahlen werden durch zwei Faktoren besonders beeinflusst. Zum einen ist das Geburtenniveau in Stadtstaaten ohnehin niedriger als in Flächenländern. Zum anderen gibt es im Westen deutlich mehr kinderlose Frauen als in den neuen Bundesländern. In den alten Bundesländern werde die Kinderlosigkeit außerdem durch den Bildungsstandard der Frau beeinflusst, teilt das Statistikamt mit. Vor allem Akademikerinnen aus dem Westen seien überdurchschnittlich häufig kinderlos.

Sind Hamburgerinnen besonders kindermüde? "Die Zahlen bedürfen einer genaueren Analyse", sagt die Sprecherin der Sozialbehörde, Jasmin Eisenhut. Wie viele der Befragten sind etwa Studentinnen, allein erziehend oder haben einen Migrationshintergrund? Erst mit diesem Wissen könnten die veröffentlichten Zahlen richtig gedeutet werden. An der Kinderbetreuung in Hamburg könne es nicht liegen, dass so viele Paare und Frauen lieber auf den Nachwuchs verzichten. In kaum einer anderen Stadt sei der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz größer, sagt Eisenhut. Außerdem steige die Zahl der betreuten Kinder von Jahr zu Jahr. Verzeichneten die Krippen, Kitas und Horte 2001 noch 49.000 Kinder, waren es 2008 bereits rund 62.000.

Sehr gut sei die Betreuungssituation in Hamburg, sagt auch die familienpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Christiane Blömeke, "ich sehe viel mehr die Arbeitswelt in der Verpflichtung", sagt sie. Arbeitgeber müssten flexiblere Arbeitszeiten und mehr Teilzeitjobs anbieten. Die Vätermonate seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt Blömeke. Überhaupt kämen Männer in dieser Diskussion viel zu kurz. "Es ist verkehrt, immer nur danach zu fragen, wie die Frauen Beruf und Kinder unter einen Hut kriegen".

Womöglich lässt sich die Frage nach der Kinderlosigkeit aber nicht mit einfachen Argumenten beantworten. "Vielleicht ist es ein gesellschaftlicher Trend oder die Scheu, Verantwortung zu übernehmen", sagt Blömeke. Viele Menschen seien nicht mehr bereit, Kinder zu bekommen, und wollten lieber ihr Leben leben. Für die habe Hamburg ja schließlich viel zu bieten, sagt die GAL-Politikerin.

Die anderen aber, die der Kinder wegen lieber in den Speckgürtel der Stadt ziehen und damit aus der Statistik herausfallen, müsse man versuchen zu halten. "Wir brauchen mehr günstigen Wohnraum", sagt Blömeke. Damit könne man Familien in Hamburg halten - und solche, die es werden wollen.

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2 Kommentare

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  • D
    Dani

    Nicht nur in Hamburg auch hier im Osten möchten sehr viele junge Frauen ( 20-40 J.) keine Kinder,so wie ich :-)

    Einfach weil sie keine Kinder mögen oder schon von anderen Kindern genug genervt sind und ihr Leben geniessen möchten,frei & ungebunden,Reisen,Shoppen sich verwöhnen etc.und um sich das zu ermöglichen,braucht man als Frau heute keinen Mann mehr ( Gott sei Dank! )und wenn keine Heirat ,warum dann Familie und Kinder???

    Heute wo jede dritte Ehe geschieden wird und man als Frau dann sowieso am Ende alleine mit dem Kind zurecht kommen muss...nein Danke!!!

    Mir fehlt kein Kind und keine Ehe ich fühle mich rundherum "sauwohl" um es mal deutlich zu sagen und das soll auch so bleiben in Zukunft :-)

    Warum auch nicht ,kann doch jeder machen wie er möchte.

    Die Frauen/Männer die Kinder wollen und es als Lebensglück ansehen,Kinder zu haben werden nie aussterben sie werden trotz aller Widrigkeiten (Geld,Zeit,Job etc.) Kinder machen und die ,die sich ihr Leben gewollt ohne Kinder einrichten werden eben auch ein paar mehr werden.

    Die Menschheit wird nicht aussterben und Deutschland auch nicht ,trotz künstlicher Panikmache von Politik und Medien.

    Denn auch Frau Merkel ist kinderlos und das gewollt :-)

  • HS
    Horst Schmidt

    Die Analyse ist leider nicht ganz vollständig. Viele Hamburger Frauen sind kinderlos, das stimmt. Weitaus häufiger kinderlos sind dagegen die Hamburger Männer, genauergesagt Hamburger Männer der Mittelschicht. Genau diese Gruppe ist von den Umwälzungen am Arbeitsmarkt und der Wirtschaftskrise am stärksten betroffen, genau diese Gruppe tut es in der Geldbörse richtig weh, wenn sie eine Familie gründen. Folgerichtig verzichten sie auf Nachwuchs. Und falls doch mal Kinder gezeugt werden, ist das Reihenhaus in Norderstedt weitaus attraktiver als eine relativ kleine Hamburger Stadtwohnung. Der Senat versucht mit immer verzweifelter wirkenden Maßnahmen die bürgerliche, familienfreundliche Mittelschicht innerhalb der Stadtgrenzen zu halten, unter anderem mit billigen Baugrundstücken für Familien in Stadtteilen wie Wilhelmsburg. Familien als Notnagel zum Aufhübschen von sozial längst abgerutschten Stadteilen, so wird das nichts.

    Extrem wichtig wäre es auch bei den Männern anzusetzen, die Themen sind längst bekannt. Sie heißen Sorgerecht, Unterhalt und Rechtssprechung im Familienrecht. Alles Bereiche in denen Väter europaweit, teilweise sogar weltweit einzigartig schlechtgestellt sind. Ein Anreiz zum Kinderzeugen ist dies gewiß nicht, eher ein Anreiz auf keinen Fall eine Familie zu gründen.