: Gebongt? Siezen wie an der Supermarktkasse Wenn der Professor die Studentin duzt, schüttelt die sich innerlich
Über das Thema „Siezen oder Duzen?“ denken auch die Studierenden nach. Larissa Heilmann (28), Jurastudentin im Dritten Semester, verriet uns, was.
taz: Duzt Du Deine Profs?
Larissa Heilmann: Ich duze eine einzige habilitierte Rechtswissenschaftlerin. Aber nur, weil wir uns auf einem Frauenfest getroffen haben.
Und andere Profs?
Nein, die duze ich nicht. Nur einen habe ich einmal quasi zwangsweise zurückgeduzt. Erst habe ich es mit dem „Sie“ probiert, aber darauf hat der sich nicht eingelassen...
Was heißt „nicht eingelassen?“
Ich ging nach der Veranstaltung zu ihm und wollte noch ein Aufgabenpapier haben. Da sagte er, „das mußt Du Dir mal von deinem Kommilitonen kopieren – auch noch alles in der männlichen Form. Da habe ich ihm im Du geantwortet, weil ich ihn nicht in der Rolle belassen wollte, mich väterlich zu duzen. Das fand ich auch nicht schön.
Würdest Du so jemandem sagen: „Siezen Sie mich bitte?“
Meine beste Freundin hat das gemacht. Sie kam mit einer persönlichen Rechtsfrage zu dem Professor und hat gleich gesagt: „Ich möchte von Ihnen nicht geduzt werden.“ Das würde ich heute auch so machen. Aber bis dahin hatte ich mir überhaupt nicht überlegt, daß das eine Möglichkeit wäre.
Warum möchtest Du von einem solchen Prof gesiezt werden?
Weil ich kein persönliches Verhältnis zu ihm entwickeln möchte. Ich bin das mit dem Geduze auch von meinem letzten Wirtschaftsstudium nicht gewöhnt und es ist mir unvertraut, auch wenn ich weiß, daß das in den Soz- und in Psychostudiengängen normal ist. Aber ich kenne die Dozenten nicht näher, warum sollte ich diese Männer duzen? Das Sie schafft doch eine schöne Distanz.
Du hast eben zwischen Prof und anderen Lehrenden unterschieden, oder?
Ja, mir ist aufgefallen, daß im Jura-Studiengang ab Gehaltstufe C1, also ab Doktor-Titel, gesiezt wird.
Aber die tragen ja kein Schildchen mit der entsprechenden C-Gruppe an der Brust. Woher weißt Du sowas?
Na, das erfährt man schnell... Über seinen Chef weiß man ja auch manches. Und diese Leute sind für mich eher wie Chefs. Einen solchen Abstand habe ich jedenfalls zu ihnen. Ansonsten will ich eine Dienstleistung – wie von Leuten im Supermarkt an der Kasse. Von denen, die die Ware einbongen.
Fragen: Eva Rhode
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