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Gaza-Schiff Mavi MarmaraIsraels Angriff könnte zulässig sein

Die Kaperung der Gaza-Hilfsflotte könnte laut einem Bundestagsgutachten zulässig sein. Grünen-Politiker Volker Beck fordert internationale Untersuchung und Ende der Gaza-Blockade.

Die "Mavi Marmara" segelt in den israelischen Hafen Ashdod ein. Bild: ap

Rechtmäßige Seeblockaden können auch in internationalen Gewässern durchgesetzt werden. Das hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Kurzgutachten festgestellt, das der taz vorliegt. Volker Beck, der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, hatte den völkerrechtlichen "Sachstandsbericht" angefordert, nachdem Ende Mai die israelische Marine auf Hoher See den "Ship-to-Gaza-Konvoi" angriff und dabei neun Aktivisten tötete.

"Eine rechtmäßige Blockade bildet insofern eine Ausnahme zur grundsätzlichen Freiheit der Schifffahrt auf Hoher See", heißt es in dem Gutachten. Die Seeblockade sei eine "völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Methode der Kriegsführung". Einzelheiten seien im sogenannten San-Remo-Handbuch zusammengefasst. Das Völkergewohnheitsrecht ist besonders wirksam, weil es für alle Staaten gilt und nicht nur für die Unterzeichner einer bestimmten Konvention.

Eindeutig zulässig ist eine Seeblockade allerdings nur im "internationalen bewaffneten Konflikt". Ob auch in einem internen Bürgerkrieg der wirtschaftliche und militärische Nachschub der Gegenseite blockiert werden darf, sei umstritten, so die Bundestagsexperten.

Auf die entscheidende Frage, ob der Konflikt zwischen Israel und der Hamas-Regierung von Gaza ein internationaler oder ein interner Konflikt ist, geht das Gutachten leider überhaupt nicht ein. Nach dem Abzug der israelischen Armee im Jahr 2005 ist das Gebiet nicht mehr wirklich besetzt. Andererseits beansprucht Israel weiter die Kontrolle über den Küstenstreifen.

Der Sachstandsbericht enthält auch keine Wertung, ob die israelische Aktion den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet hat.

Beck fordert deshalb eine unabhängige internationale Untersuchung. Zusätzlich verlangt der Grünen-Politiker von Israel ein Ende der Gaza-Blockade, da unter ihr vor allem die Zivilbevölkerung leide. Um Waffenschmuggel zu verhindern, sei vielmehr eine "internationale Lösung" erforderlich.

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15 Kommentare

 / 
  • J
    Jens

    An Mal und Fritz

     

    Meine Kommnetare waren also selten dumm.

     

    Antifaschist ist nach Eurer Definition, wer Faschisten bekämpft. Und das mit allen Mitteln, schließlich - und dies ist meine Interpretation Eurer Aussage - heiligt der Zweck die Mittel.

     

    Aber genau das macht er nicht. Nie.

     

    Und noch etwas: Ich rate dazu, meinen Text zu lesen, und erst dann zu interpretieren.

    Ich habe geschrieben, dass es darauf ankommt, faschistisches Gedankengut zu bekämpfen, nicht aber die Faschisten.

     

    Dieser feine Unterschied ist entscheidend. DENN: Wer definiert eigentlich, wer Faschist ist? Das Problem ist doch, dass es deutlich einfacher ist, zu sagen: Du bist Faschist, oder Du bist naiv und unterstützt Faschisten, als sich zu überlegen, was man unter faschistischem Gedankengut versteht. Und diese Definition auch an politischen Freunden - oder dem eigenen Gedankengut anzulegen.

     

    Ich habe da - als Christ - relativ genaue Vorstellungen von faschistischem Gedankengut, z.B.:

    - Ablehnung von demokratischen Prozessen

    - Ablehnung des Rechtsstaates ("gleiches Recht für alle")

    - Ausgrenzen und Unterdrücken von Menschen mit bestimmten Merkmalen

    - und eben: Vernichtung von selbst definierten Feinden

     

    Und dabei ist es mir vollkommen egal, wer dieses Gedankengut vertritt.

     

    Noch etwas: Nach Eurer Definition von "Faschist - Antifaschist" hätte es in der UdSSR und der DDR keine Faschisten in leitenden Positionen gegeben. Nach meiner Auffassung hingen aber sehr viele in führenden Positionen im Osten faschistischem Gedankengut nach. z.B. weil "Feinde" vernichtet werden sollten. Wo ist denn da der Unterschied zu den Nazis?

     

    Ich kann nur dazu raten, extremen Positionen, die die Vernichtung der Anderen zum Ziel haben zu misstrauen. Egal ob sie von der Hamas oder von selbsternannten Antifaschisten kommen.

  • M
    Mal

    @Jens : Sorry, aber Deine Kommentare waren wirklich selten dumm.

     

    Auf Charlottes Beitrag: "Es wäre schön wenn die EU eine Offensive im Gazastreifen unterstützen würde um die Hamas endlich zu vernichten."

     

    Antwortest Du:

    "

    Wenn das nicht faschistisches Gedankengut ist... Vernichtung im Zusammenhang mit (militärischer) Offensive in Zusammenhang mit missliebigen politischen Organisationen."

     

     

    Was soll daran faschistisch sein? Die Hamas ist eben nicht nur eine politische Organisation, sie propagiert auch den bewaffneten Kampf und führt ihn auch durch.

    War der Kampf gegen die SS etwa auch faschistisch, weil die ja auch eine politische Organisation war und nicht nur ein bewaffneter Haufen?

     

     

    "Ich versteh einfach nicht, warum die Mehrheit der Menschen davon ausgehen, faschistisches Gedankengut wäre an braune Hemden und Stechschritt gebunden.

    Aber so lange lieber die (offenen) Faschisten bekämpft werden und nicht das faschistische Gedankengut, ist wohl keine Besserung zu erwarten.

    "

     

    Da gebe ich Dir völlig recht. Und wenn Du dann irgendwann auch nochmal die Augen aufmachst und Dir z.B. die Charta der Hamas durchliest, dann wirst Du vielleicht das faschistische Scheunentor, vor dem Du stehst, auch noch wahrnehmen.

    Wie kann man sich nur für so feindenkerisch halten und gleichzeitig so grauenhaft blind sein... ?

  • F
    FRITZ

    @jens

     

    Die Hamas sind die Faschisten. Charlotte ist die Antifaschistin, nicht Du.

  • A
    Autoaesthet

    Wenn Beck von einer internationalen Lösung der Schmuggelkontrolle spricht, hat er dann das Beispiel Libanon vor Augen?

     

    In der Vergangenheit sahen die "internationalen" Lösungen immer aus wie dort derzeit: völlig unsinnig. Im Libanon sehen wir im Moment, wie die Internationale Staatengemeinschaft aufwändig die massive Aufrüstung der Hisbolla bewacht ohne einen Finger krumm zu machen.

     

    Was Beck fordert ist eine hübsche Utopie, hat aber bislang nicht funktioniert und wird wohl auch nie funktionieren. So sollte Herr Beck, wie viele andere Politiker in Europa wenigstens den Anstand besitzen den Mund zu halten, wenn Israel ALLEINE für seine Sicherheit sorgen muss.

     

    Die Angst vor negativen Reaktionen aus der Arabischen Welt (und die historischen Bande) sind bei uns Europäern viel zu stark um tatsächlich für Israels Überlebenskampf Verständnis zu haben.

  • J
    jens

    noch was:

     

    Ich frag mich, welche Regeln bei der taz bezüglich der Veröffentlichung von Lesermeinungen gelten.

     

    Zitat: taz.de behält sich vor, beleidigende, rassistische oder aus ähnlichen Gründen unangemessene Beiträge nicht zu publizieren.

     

    Wieso wird dann der Brief von Charlotte (13.06. 18:27) veröffentlicht:

     

    "Es wäre schön wenn die EU eine Offensive im Gazastreifen unterstützen würde um die Hamas endlich zu vernichten."

     

    Wenn das nicht faschistisches Gedankengut ist... Vernichtung im Zusammenhang mit (militärischer) Offensive in Zusammenhang mit missliebigen politischen Organisationen.

     

    Ich versteh einfach nicht, warum die Mehrheit der Menschen davon ausgehen, faschistisches Gedankengut wäre an braune Hemden und Stechschritt gebunden.

    Aber so lange lieber die (offenen) Faschisten bekämpft werden und nicht das faschistische Gedankengut, ist wohl keine Besserung zu erwarten.

  • J
    Jens

    Ich möchte mal etwas zitieren:

     

    Israel behauptete, es stünde in einem „bewaffneten Konflikt“ mit der Hamasregierung im Gazastreifen, und seine Aktionen auf hoher See seien gesetzlich zulässig, um die Blockade des Gazastreifens durchzusetzen. Diese Behauptung ist falsch.

     

    Nach dem internationalen Gewohnheitsrecht, das Israel als verpflichtend akzeptiert, setzt Israel die Besatzung des Gazastreifens weiter fort, trotz des Rückzugs seiner Bodentruppen und der Siedler aus der Region (2005). Ein Gebiet ist „besetzt“, wenn fremde Truppen „effektive Kontrolle“ über dieses ausüben, ob durch weitere Präsenz von Bodentruppen oder nicht.

     

    Israel kontrolliert die territorialen Gewässer und den Luftraum des Gazastreifens; es kontrolliert Gazas Landesgrenzen, schränkt die interne Bewegung ein, indem es die Gazaer aus der „Pufferzone“ ausschließt – 46% des landwirtschaftlich genutzten Landes – und kontrolliert die Menge an Strom, Heizöl und Petroleum. Diese Faktoren kommen „effektiver Kontrolle“ gleich. Auf diese Weise bleibt der Gazastreifen besetzt, wie die UN, die USA-Regierung und das Internationale Komitee des Roten Kreuzes dies auch anerkennen.

     

    Israel hat die Befugnis, Waffenimporte in den Gazastreifen zu verhindern. Aber es schuldet den Zivilisten unter seiner Kontrolle Schutz und hat spezifische Pflichten, ihnen den Zugang zu adäquater Ernährung und Medikamenten zu gewähren und die allgemeinen Gesundheitsstandards aufrecht zu erhalten – Pflichten, die es vorsätzlich verletzt, während es die Belagerung aufrecht erhält. Im Augenblick leiden 77,2% der Palästinenser im Gazastreifen an Hunger oder sind sehr knapp mit Lebensmitteln. 65% sind jünger als 18. Nach UNICEF zeigen 10 % der Kinder Zeichen von Unterentwicklung, während die WHO behauptet, dass weitere 10% an chronischer Unterernährung leiden.

     

    Abgesehen davon ist kollektive Bestrafung nach Artikel 33 der Vierten Genfer Konvention verboten. Israels Offizielle haben wiederholt festgestellt, das Ziel der Blockade sei, die Gazawirtschaft zu schwächen und die Unterstützung der Hamas zu unterminieren. Dies ist ein politisches und kein militärisches Ziel und ist nach Internationalem Gesetz nicht erlaubt, unschuldige Zivilisten als Zielgruppe zu haben, um nicht-militärische Ziele zu erreichen.

     

    Aktionen, die nur die illegale Belagerung stärken, können nicht legal sein. Israels Blockade verletzt die Menschenrechte der Palästinenser des Gazastreifens und muss beendet werden.

     

    Quelle: zmag.de

  • C
    Califax

    @waschdi: In der Tat, die Friedensaktivisten waren wirklich sehr unfreundlich zu den Soldaten.

    Statt die Angreifer mit Kuchen und Blumen zu begrüßen und ihnen dabei behilflich zu sein an Bord zu gelangen, werden sie einfach naßgespritzt. Empörend!

  • W
    Waschdi

    Hier gibt es ein interessantes Video, wie die "Friedensaktivisten" gegen israelische Soldaten in einem Boot vorgehen: http://www.youtube.com/watch?v=B6sAEYpHF24

     

    und welche "Hilfsgüter" auch auf dem Schiff vorhanden waren:

    http://www.youtube.com/watch?v=16sANhzjcC0

  • MK
    Mili K

    Die Charta der Hamas IST eine Kriegserklärung an Israel - alles andere ist Augenwischerei... Dass sich Israel schwer damit tut, einer unabhängigen Untersuchung zuzustimmen, ist nach dem Schlamassel um den Goldstone-Bericht kein Wunder. Es wäre an der Zeit, dass die Medien ihrer Leserschaft vermehrte Hintergrundinformationen zum Nahost-Konflikt bieten würden, statt diese mit einseitigen propalästinensischen Schlagzeilen zu füttern. Den Bemerkungen von Stefan (13.06.2010 21:11 Uhr) schliesse ich mich an.

  • V
    vic

    Ein Sonderrecht für Israel, wieder mal.

    Wir wollen ja nicht in Schwierigkeiten geraten, oder?

    Das bedeutet also, Gewässer ab der Gegend um Zypern sind für jeden Schiffsverkehr tabu. Zuwiderhandlung wird mit dem Tode bestraft. Zulässig!

  • S
    Stefan

    Forderungen nach einer internationalen Untersuchung und einer EU-Schutztruppe hören sich zwar gut an, wären aber in der Realität purer Unsinn.

    Wer soll die Untersuchung den machen? Der UN-"Menschenrechtsrat" unter der Regie des IRAN???

    Wer sollte die "Grenze" beschützen? Eine Gurkentruppe wie die UNIFIL, die ihren Auftrag in Rekordgeschwindigkeit vermasselt haben und der Hissbollah ermöglicht haben, sich besser denn je zu bewaffnen???

    (Jetzt hatte ich ganz vergessen, die Verdienste der Wegschau-Truppe UNIFIL zu erwähnen: Die haben tatsächlich für [unser] teures Geld einen Zaun an der Grenze gezogen, weil libanesische Bauern befürchteten, dass israelische Tiere ihren Tieren das Gras wegfressen könnten.)

  • J
    jossef

    Der Israel ist dem Westen ein Last geworden und zwar nicht nur ein wirtschaftlicher Last aber auch der Westen hat durch bedingungslosen Unterstützung Israelis seine moralische Glaubwürdigkeit verloren.

  • V
    vantast

    Waffenschmuggel der Palästinenser verhindern, den der Israelis fördern, das ist deutsche Politik. Der hochgerüstete Militärstaat kämpft als israelischer Goliath gegen den fast wehrlosen palästinensischen David und wir helfen mit, der Tod ist immer noch ein Meister aus Deutschland. Vielleicht stammen die Kugeln in den Zivilisten an Bord des Schiffes aus D.?

  • C
    Charlotte

    Es wäre schön wenn die EU eine Offensive im Gazastreifen unterstützen würde um die Hamas endlich zu vernichten.

  • IY
    Ivan Y.

    "Andererseits beansprucht Israel weiter die Kontrolle über den Küstenstreifen" (taz)

     

    Das ist nicht ganz richtig. Die Küste, also da am Meer liegende Land, beanspucht Israel keineswegs. Vielmehr hat Israel laut den Oslo-Protokollen von 1993, die auch von palästinensischer Seite ratifiziert wurden, innerhalb der dem Gazastreifen vorgelagerten Küste die polizeiliche und militärische Hoheit bis ein endgültiger Vertrag inkrafttritt.