Gastkommentar: Wedemeier verschafft sich Asyl
■ Ex-Senator Franke über die Taktik des Bürgermeisters
Er hat es genau gespürt, daß der Countdown für ihn begonnen hat. Es mußte also etwas passieren, das die Partei davon abhält, sich mit der Erfolg-und Einfallslosigkeit seiner Regierung zu beschäftigen. Wie alle angezählten Politiker, muß er jetzt Zeit herausschinden.
Wie in aller Welt bringt man aber die Bremer SPD dazu, nach dem Sommerloch sich nicht mit Wedemeiers Not und Bremens Klage zu beschäftigen? Indem man sie mit einem gänzlich neuem Thema provoziert. Der Trick ist uralt und alle fallen darauf rein. Wo immer jetzt in Bremen Genossen tagen oder klüngeln, sie haben nur ein Thema: Klaus Wedemeier und der Artikel 16. Und diese Diskussion, so glaubt der Bürgermeister, sitzt er auf einer Backe aus. Nun geht es nicht um bremische Unwägbarkeiten, nun wird nicht eingemahnt, wie Bremens Zukunft abzusichern sei. Die sonst schon sattsam abgehandelte Debatte um das Asylrecht füllt alle Köpfe aus, die sich in Bremen für politisch halten. Ein solcher Streit, der zu nichts führt, aber Standpunkte schärft, ist immer hochbeliebt in der Partei. So hätte Wedemeier sich also selbst Asyl verschafft, wo eben noch Abschiebedebatte für ihn drohte. Seine Konkurrenten Kröning und Grobecker aber lauern weiter und neuerdings hört man sogar schon Auswärtsnamen. Ein Jahr aber ist schwer mit Tricks zu überbrücken und irgendwann kommt FORSA doch. Ob aber mit der Asyldebatte ein Zwischenhoch für die SPD zu holen ist? Dazu ist Bremens eigene Not denn doch zu groß. Thomas Franke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen