■ Gastkommentar: Für faire Seelen
Die Türkische Gemeinde zu Berlin hofft, daß die Wahlkämpfe '94 nicht auf dem Rücken der Minderheiten ausgetragen werden. Die Asyldebatte im letzten Jahr hat gezeigt, zu welch barbarischen Gewaltakten das Aufheizen der Volksseele führen kann. Minderheiten-Themen sollen deshalb vor der heißen Phase geklärt werden. Emotionale Auseinandersetzungen über Menschen in der Bundesrepublik, die zum Teil ohnehin kein Wahlrecht haben, werden meist zu deren Nachteil geführt. Die Türkische Gemeinde begrüßt deshalb den Vorschlag des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis. Der hat Ende Dezember ein Fairneßabkommen der großen demokratischen Parteien angeregt, um 1994 nicht zum Jahr der Schlammschlachten werden zu lassen.
Diese Idee ist bisher auf wenig Gegenliebe bei den Unionsparteien gestoßen. Die Türkische Gemeinde findet, daß ein Zusammenschluß der demokratschen Parteien gegen rechts nicht vom gleichzeitigen Kampf gegen den organisierten Linksextremismus abhängig gemacht werden sollte. Der jüngste Verfassungsschutzbericht beziffert die organisierten Linksextremen auf 28.000. Sie brachten es 1992 auf rund 1.200 Gesetzesverletzungen, etwa genausoviel, wie Rechtsradikale allein im November 1992 schafften. 1992 stieg rassistisch motivierte Gewalt um 74 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch das vergangene Jahr war von rassistischen Morden, Angriffen und Zerstörungen gekennzeichnet. Rechtsextreme Zusammenschlüsse zählen 42.000 Mitglieder. Im Gegensatz zu linksextremen Organisationen haben sie seit der Wende keinen Niedergang erlebt. Sondern einen Aufschwung. Mustafa Turgut Cakmakoglu
Der Autor ist Vorsitzender der Türkischen Gemeinde zu Berlin.
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