Gasstreit mit Weißrussland: Gazprom dreht Gashahn weiter zu
Für die westeuropäischen Verbraucher ist der jüngste Streit zwischen Weißrussland und Russland vorerst ungefährlich: Es gibt Reserven, und Nachschub kann über die Ukraine kommen.
MOSKAU/BRÜSSEL apn/dpa | Russland zeigt sich entschlossen, im Gasstreit mit Weißrussland die Oberhand zu behalten. Am Mittwoch drosselte der russische Gasmonopolist Gazprom seine Lieferungen an das Nachbarland zum dritten Mal nacheinander und leitet nun nur noch 40 Prozent der üblichen Gasmenge dorthin. Er droht, die Zufuhr um insgesamt 85 Prozent zu kürzen, wenn Weißrussland nicht Schulden in Höhe von 160 Millionen Dollar begleicht.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger mahnte die Streitparteien, Europa dürfe "nicht als Geisel genommen werden". Der weißrussische Premierminister Alexander Lukaschenko hatte gedroht, als Reaktion auf die Drosselung werde er den Transit von russischem Gas in den Westen stoppen.
Gazprom-Chef Alexej Miller sagte am Mittwoch, sein Unternehmen könne die Lieferungen an EU-Kunden über die Ukraine umleiten. Russland betreibt zwei Pipelines nach Westeuropa. Eine führt durch Weißrussland, eine durch die Ukraine - wobei 80 Prozent des russischen Gases den zweiten Weg nehmen. Laut Miller sollen bislang noch keine Kunden westlich Weißrusslands von den Lieferkürzungen betroffen sein.
Ein litauisches Energieversorgungsunternehmen teilte zwar mit, Weißrussland habe den Gastransit in den baltischen Staat um 30 Prozent gekappt. EU-Kommissionssprecherin Marlene Holzner erklärte aber, dass die drei EU-Staaten Deutschland, Polen und Litauen, die Gas über Weißrussland beziehen, bislang keine Veränderungen gemeldet hätten.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht keine Bedrohung für die Energieversorgung in Deutschland. Die Bundesrepublik verfüge über ausreichende Speicherkapazitäten, sagte DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert.
Im Streit über die Anhebung des Gaspreises für Weißrussland und die Ukraine auf Weltmarktniveau hat Russland bereits mehrmals beiden ehemaligen Sowjetrepubliken die Lieferungen abgedreht. Davon waren im Winter wiederholt auch Kunden in der EU betroffen. Russland ist der wichtigste Verbündete von Lukaschenko.
Finanzstreitigkeiten trüben aber inzwischen das bilaterale Verhältnis. Weißrussland hat sich geweigert, den von Russland erhöhten Gaspreis zu bezahlen, und fordert seinerseits nun 210 Millionen Euro Gebühren für die Durchleitung des Gases in den Westen.
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