: Garagen-Hymnen
Zurück von den Vegetarien: Sky Saxon, legendärer Konkurrent von Mick Jagger, spielt im Magnet
Es sind schwere Tage für Sky Saxon. Schließlich hat der Mann einige Jahre seines Lebens damit verbracht, zu betonen, dass Mick Jagger panische Angst vor ihm und seinen Bühnenqualitäten habe. Und dann kommt Saxon eines schönen Sommers 35 Jahre später in ein paar kleine Clubs nach Deutschland, und ausgerechnet da rollen die Stones durch die dicksten Stadien der Republik. Hätte es wirklich so deutlich sein müssen, das Schicksal? Hat es ihm nicht schon übel genug mitgespielt?
Dabei sah anfangs alles ganz gut aus für Richard Marsh aus Salt Lake City, Utah. Nicht viele Mormonen schafften es Anfang der Sechziger bis auf die Bühnen des Sunset Strips in Los Angeles. Selbst wenn sie sich wie Marsh in Sky „Sunlight“ Saxon umbenannten. Als sich mit Timothy Hudson schließlich noch der Erfinder des Ausdrucks „Flower Power“ höchstpersönlich der Band Saxons, der Seeds, annahm, da schien es direkt Richtung Olymp loszugehen. Plötzlich verkaufte sich die Seeds-Single „Pushin’ Too Hard“ in Kalifornien wie heruntergesetzte Surfboards. Sky Saxon, so beteuerte Manager Hudson bis in die Achtziger, hatte das Charisma und den Wahnsinn eines Elvis Presley.
Doch plötzlich sei eine Verschwörung ins Spiel gekommen: Die höheren Mächte der Plattenindustrie machten anstelle von Sky Saxon einen Burschen namens Jim Morrison zum Teen-Idol. Dass Saxons Leben hernach etwas aus dem Ruder lief, mag auch an damals gängigen chemischen Stimulanzien gelegen haben. Jedenfalls wurde er wechselweise als musizierender Guru auf Hawaii, Mitglied der vegetarischen Sekte Ya Ho Wah 13 und verwirrtes LSD-Opfer gesichtet. Von den Seeds wurde nicht mehr viel gehört. Ein professionelles Comeback scheiterte an Saxons beharrlichen Vorabforderung von 10 Millionen Dollar.
Wenn Sky Saxon nun mit Gründungsmitglied Jan Savage an der Gitarre und einer ansonsten eher jungen Band auf Tour geht, um alte Seeds Stück wie „Pushin’ Too Hard“, „Evil Hoodoo“ oder „Trip Maker“ zu spielen, dann hat das natürlich auch etwas mit Altersvorsorge zu tun. Die Fans seiner psychedelischen Sixties-Garage-Hymnen und seines schneidend quäkenden Gesangs dürfte das kaum stören. An wieder erstarkter Bühnenpräsenz, so hören wir, soll Saxon es mit alten Konkurrenten aufnehmen können. Herrn Jaggers Einschätzung der Lage ist nicht bekannt. GREGOR KESSLER
Heute, 20 Uhr, Magnet, Greifswalder Str. 212–213, Prenzlauer Berg