: Ganz entspannt
Senait Mehari, 26, ist mit dem Song „Herz aus Eis“ die taz-Kandidatin für den Grand Prix 2003 am 7. März in Kiel. Jeden Samstag lesen Sie hier im taz.mag ihre Kolumne.
Seit Anfang Dezember lebe ich in Berlin. Nicht dass ich das unbedingt wollte, von wegen „Ab in die Metropole“, weil alles andere Provinz ist. Ich wollte nie aus meiner Heimat Hamburg weg. Nun bin ich doch da. Mein erster Eindruck: Ziemlich unübersichtlich, viel zu groß für meinen Geschmack. Ich kenne aber auch erst wenige Wege, Zeit zum Sightseeing bleibt mir im Moment nicht. Die Clubs konnte ich auch noch nicht richtig abchecken. Das Cookies fand ich ganz cool – das war’s schon. Zum Studio, zur taz und in den Supermarkt finde ich inzwischen. Hamburg ist kompakter. Aber auch viel hektischer! Wenn da die U-Bahn kommt, drängeln alle rein, als ob nie wieder ein Zug halten würde. Berliner sind relaxter, ruhiger. Was nicht heißt, dass sie total einfach zu handhaben wären. Ihre Mentalität hat auch Tücken. Sagen wir mal: Ich habe schon freundlichere und hilfsbereitere Leute getroffen. Aber ich will nicht alle über einen Kamm scheren. Vielleicht kenne ich die Stadt auch noch nicht genug, um die Leute zu durchschauen. Was die Oberfläche angeht: Berlin ist nicht Society. Wo Hamburg eine Menge Glamour hat und Luxus, hat Berlin Style. In Hamburg sind die Leute schicker – in Berlin individueller. Vielleicht auch ein bisschen nachlässiger, aber ich mag das. Inzwischen finde ich die Hamburger Mädels, alle gleich von Make-up bis Schuhmarke, ziemlich langweilig. Schick, aber öde. In Hamburg werde ich übrigens auch viel öfter blöd angestarrt. Das nervt. In Berlin kommen die Leute direkt auf mich zu und sagen, dass sie für meinen Song stimmen wollen. Ganz entspannt. Das ist doch super. Und viel ehrlicher. Berliner glotzen nicht. EURE SENAIT