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Archiv-Artikel

GESUNDHEITSREFORM: FDP UND UNION UNTERSCHEIDEN SICH KAUM NOCH Gemeinsam für eine Mehrklassenmedizin

Es gibt in Deutschland bislang eine Zweiklassenmedizin: Standard fürs Volk der gesetzlich Versicherten, Extra für die zehn Prozent privat Versicherten. Der Plan der FDP, die Krankenkassen zu Privatunternehmen mit gestaffeltem Angebot umzubauen, würde diese so deutliche Ungerechtigkeit durch eine feiner gegliederte Ungerechtigkeit ersetzen: Es gäbe dann Versorgungsstufen, die so ähnlich heißen dürften wie Basic, Basic plus, Standard, Standard Gold, Super und Spitzenklasse.

Da es nur eine begrenzte Anzahl wirklich guter Ärzte gibt, wäre es spannend, zu sehen, ab welchem Versicherungs- sprich Vergütungsgrad diese sich dann zur Verfügung stellen würden. Ab Super? Oder erst ab Spitzenklasse? Frauen wären regelmäßig schlechter versorgt als Männer, da sie im privaten Versicherungsmarkt höhere Prämien zahlen müssen – dank der Kosten für Frauenleiden wie Schwangerschaft und längeres Leben.

Nun hätte die FDP mit der Forderung „gleicher Zugang zu Medizin für alle“ auch überrascht. Eigentlich macht das liberale Programm eher darauf aufmerksam, wie weit auch regierende beziehungsweise demnächst regierende Volksparteien schon von dem Grundsatz entfernt sind, dass Gesundheit allen Menschen unabhängig vom Einkommen zusteht.

Die CDU unterscheidet sich von der FDP nur noch graduell. Sie wird das Privilegiensystem für privat Versicherte erhalten und ihre „Kopfpauschale“ so berechnen, dass dafür bloß noch ein Basisschutz zu haben sein wird. Und die SPD hat mit der Gesundheitsreform auch große Löcher in den umfassenden und gleichen Schutz für alle gesetzlich Versicherten gebohrt. Wer die Ärzte mehr privat abrechnen und die Kassen mit Privatversicherern kooperieren lässt, muss sich nicht wundern, wenn sich Leistungen entsprechend aufteilen. Dann erfährt der Patient beim Arzt eben immer als Erstes, was er mit seiner ordinären Standardversicherung leider nicht bekommt. Und ist das Vertrauen in den Normalschutz erst einmal geschwunden, haben die Privatisierer schon gewonnen, bevor sie gewählt sind. ULRIKE WINKELMANN