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Archiv-Artikel

GEHT’S NOCH? Wer stoppt Hannelore Kohle?

DIE ENERGIEWENDE WIRD ZUM OPFER SOZIALDEMOKRATISCHER KARRIEREFANTASIEN

Was soll das denn, alte SPD? Endlich dürft ihr mal wieder regieren statt stinkstiefeln – und dann das: Statt eine Vision für das Land in Zeiten der Energiewende zu entwickeln, gerieren sich die Sozialdemokraten als Hüter der alten Kohlewirtschaft. Weil: NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat jetzt den Job als oberste Kohlelobbyistin. Und den füllt sie voll aus, als SPD-Wortführerin in der Arbeitsgruppe, die im Rahmen der Koalitionsverhandlungen eigentlich die Energiewende in Schwung bringen soll.

Kraft rammt gleich zu Beginn die Eckpfeiler ein: Klimaschutz ist nicht so wichtig, Arbeitsplätze und Industrie gehen vor. Legt sich für die alten Kohlemeiler von Eon und RWE ins Zeug. Progressiv wäre es zu sagen: Energiewende bringt Arbeitsplätze, schafft Wettbewerbsvorteile. Was machen eigentlich die Leute in der SPD, die das wissen? Brav den Mund halten?

Kraft macht die ganze Partei mit ihrem Ich-für-Kohle-NRW-Kurs platt. Hätte auch kaum einer gedacht, dass nach der Wahl die Hoffnungen auf eine progressive Energiepolitik bei der CDU am besten aufgehoben sind.

Sigmar Gabriel könnte Kraft zur Räson bringen. Aber der hat Wichtigeres zu tun: die Karriere planen. Der SPD-Parteichef rupft jeden Abend Blütenblätter aus Sonnenblumen: eins für Energieminister, eins für Finanzminister, eins für Wirtschafts- und Arbeitsminister, eins für Wirtschafts- und Energieminister.

Der ehemalige Umweltminister unter Angela Merkel kann sich als SPD-Chef sein Wunschministerium zurechtschnippeln – und wird abwägen, wo er am meisten punkten kann, damit er, nicht Kraft KanzlerkandidatIn 2017 wird. Finanzen verspricht Einfluss und absehbar einen ausgeglichenen Haushalt. Reizvoll. Energie birgt Risiken. Kann man sich profilieren, Vergurkgefahr ist aber groß. Die Sache ist also die: Sollte sich Gabriel bequemen, Energie unter seine Fittiche zu nehmen, müsste er Krafts Kohlekurs Einhalt gebieten. Sonst hinterlässt sie ihm einen Höllenkoalitionsvertrag, und er darf die SPD-Basis überzeugen – die muss der Vereinbarung mit der CDU zustimmen. Also doch Finanzen? Dann kann sich Kraft die schwarze Nase beim Fußvolk holen. Tja, und an so was hängt sie im Moment, die deutsche Energiewende. INGO ARZT