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Archiv-Artikel

GEHEIMDIENSTAUSSCHUSS – WORAUF BEREITET SICH DER BND IM IRAN VOR? Ohne Untersuchung kein Menschenrecht

Schon einmal von Murat Kurnaz gehört? Er hat einen türkischen Pass, wuchs aber in Bremen auf, entwickelte als Teenager einen religiösen Fimmel, wurde mit 19 Jahren von US-Truppen in Pakistan eingesammelt und wird seit Anfang 2002 grundlos im US-Gefangenenlager Guantánamo festgehalten. In diesen Tagen entscheidet sich wahrscheinlich, ob er zurück zu seiner Mutter kann.

Wahrscheinlich müsste der junge Mann noch weitere Jahre in einem rechtsfreien Käfig schmoren, hätte es nicht die Geheimdienstaffäre gegeben. Schon einmal davon gehört? Das war die große Aufregung über die Kooperation deutscher Sicherheitsorgane im Krieg der USA gegen den Terror. Die Bundesregierung geriet derart unter Druck, dass sie aufdecken musste, was deutsche Geheimdienste im Irak und in den Folterknästen der Welt verloren hatten – auch in Guantánamo. Das wurde so peinlich, dass sie endlich einen ernst gemeinten Anlauf startete, Kurnaz zu befreien.

Schon in diesem einen Fall hat also die Affäre den Menschenrechten genutzt. Deshalb ist auch ein Untersuchungsausschuss zur Fortsetzung der Aufklärungsarbeit von hohem öffentlichem Interesse. Die Stimmen im Bundestag dafür sind längst beisammen. Doch plötzlich findet der parlamentarische Geschäftsführer der Union, dass ja vielleicht auch ein anderer Ausschuss zuständig sein könnte. Die für heute im Bundestag geplante Abstimmung zum Untersuchungsausschuss entfällt. Und dann ist ja auch schon bald Ostern. Offensichtlich will die große Koalition den Ausschuss so weit ins Jahr zerren wie möglich, um ihm die politisch so entscheidende Aufmerksamkeit zu entziehen.

Die Regierung will einfach nicht, dass über Geheimdienste geredet wird – womöglich damit niemand fragt, ob der Bundesnachrichtendienst eigentlich auch im Iran ist? Und was unsere Leute in Teheran im Fall eines US-Angriffs vorhaben? Schwierige Fragen vielleicht. Doch wenn sich die Regierung nicht freiwillig um Menschenrechte kümmert, muss sie sich den Unannehmlichkeiten eines Ausschusses wohl stellen. Hoffentlich bald.

ULRIKE WINKELMANN