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GASTKOMMENTAREPolitisches Kamikaze

■ Die Demokratie ist die Verliererin der Landtagswahlen

Jeder weiß, was die CDU im Wahlkampf verlangt hat: Ausländer raus, nur feiner formuliert. Aber die feinere Formulierung konnte sie noch nicht einmal durchsetzen. Das hat sie die Wahl gekostet. Wenn schon rechts, dann richtig, hat sich jeder zehnte Wähler in der baden-württembergischen Puppenstube und immerhin jeder vierzehnte im spröden Schleswig-Holstein gesagt. Wem Schönhuber und Frey etwas zu populistisch sind, der hat Teufel und Hennig gewählt: REPs und DVU sind nur die Spitze des Eisbergs.

Angst ist ein starkes Motiv. Viel zu einfach wäre es, die Erklärung nur in der Angst vor dem Fremden suchen zu wollen. Natürlich ist es unangenehm, neben einem Haus voller arbeitsloser junger Männer wohnen zu müssen, die, beengt und einander so fremd wie fremd im ganzen Land, zu monatelangem Warten verdammt sind. Es wäre dumm und arrogant, dies als Problem leugnen zu wollen. Aber hinter der Stimmung immer größerer Teile der Wählerschaft in Deutschland und anderswo im reichen Norden — oder besser: Nordwesten — steckt eine tiefere Angst. Dies ist die berechtigte Furcht, den Wohlstand teilen zu müssen mit den Armen oder auch nur Ärmeren.

Natürlich fühlen sich zuerst die Benachteiligten hierzulande betroffen. In der ehmaligen DDR, wo Wahlen derzeit zufällig nicht anstehen, ist deren Zahl noch weit größer als im Westen Deutschlands. Ausländer gab es dort bisher kaum. Aber mit der Vereinigung wurde als einer der ersten Schritte die zu exportierende Zahl der Asylbewerber für die neuen Bundesländer festgesetzt. Weg mit ihnen aus dem Westen, Einheit ist Einheit. Daß man dies beim Länderfinanzausgleich anders sah, steht damit durchaus im Zusammenhang. Denn es geht um Besitzstandswahrung, und zwar quer durch alle Parteien. Die hartnäckige Weigerung nicht nur der Rechtsextremisten, die Realität der Bundesrepublik als eines Einwanderungslandes anzuerkennen und daraus regulierende Konsequenzen — etwa mittels eines Einwanderungsgesetzes — zu ziehen, ist mehr als Blindheit. Sie ist gefährlich.

Die Demokratie im reichen Teil der Welt stößt an ihre Grenzen, wenn es ans Eingemachte zu gehen droht. Wer den um ihre Privilegien in der Weltordnung bangenden Bundesbürgern erklärt, die deutsche Einheit sei umsonst, und Wirtschaftsflüchtlinge seien Betrüger, spielt die Ärmeren gegen die Armen, den Osten gegen den Westen und beide gegen den Süden aus. Damit werden nicht nur Menschenrechte wie das Asylgebot ausgehöhlt, sondern auch die Überlebensfragen der Zukunft mit einer Kriegserklärung beantwortet. Von Le Pen über die lombardische Liga bis zur DVU — in ganz Westeuropa sind die Symptome für Fremdenhaß inzwischen überdeutlich. Es sind nicht mehr nur Menschen an den Rändern der Gesellschaften, die den Bau einer Mauer nach Süden und Osten verlangen. Die Angst vor solchem Denken und seinen Folgen sollte mittlerweile ein ebenso starkes Motiv für Demokraten geworden sein. Reinhard Weißhuhn

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