GASTKOMMENTAR: Übergriffe
■ Die Beschlagnahme von Pressefotos in Bayern
Seit dem BVG-Urteil vom 1.Oktober letzten Jahres, das die Beschlagnahme von Pressematerial zuläßt, gab es verschiedene Aktionen der Polizei und Staatsanwaltschaften bei Fotografen und Redaktionen. Alleine Pan-Foto hatte seitdem schon viermal Besucher der Diener des Rechts auf Fotosuche. In Flugblättern warnen jetzt die Hamburger Autonomen: „Vorsicht bei FotografInnen! Auch wenn sie keine Spitzel sind, können ihre Filme bei Beschlagnahme bei den Bullen landen.“ Welche Auswirkungen das auf unsere Arbeit hat, haben wir schon handgreiflich zu spüren bekommen.
Und nun eine ganz neue Variante in diesem juristischen Scharmützel. Filme, auf denen Polizeiübergriffe zu sehen sein sollen, werden beschlagnahmt. Ich muß gestehen, daß mich das verblüfft, zumal es in Bayern geschieht. Aber warten wir ab. Auch ihn Grohnde gab es Videofilme des Werksschutzes, die Polizisten belasteten – leider wurden sie versehentlich gelöscht. Im Sare-Prozeß gab es belastende Fotos – die Negative verschwanden auf dem Behördenweg.
Die Hauptbelastung der ganzen Beschlagnahme-Praxis ist die Belastung unseres Berufsrisikos. Was dabei unter dem Strich für den Rechtstaat rauskommt, ist mehr als mager. Als ich kürzlich auf einer Podiumsdiskussion neben einem Generalstaatsanwalt saß, wußte auch dieser nicht einen einzigen Fall zu nennen, wo dieses Gesetz dem Recht gedient hat. Ob wir den Fall der sogenannten „Spatenmörder von Brokdorf“ dazu rechnen können, ist mehr als zweifelhaft. Zweieinhalb und dreieinhalb Jahre Knast für eine einfache Körperverletzung, die nicht einmal ärztlich, sondern nur fotografisch belegt war, das ist dem Rechtsstaat eher abträglich.
Warten wir ab, ob die Bayern endlich einen Fall schaffen, der das Beschlagnahmegesetz rechtfertigt. Ich bin da eher skeptisch. Günther Zint
Fotograf bei Pan-Fot
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen