GASTKOMMENTAR: Unheil Ceausescu
■ Der Überwachungsstaat reproduziert sich selbst
Rumänien liefert dem Westen zur Zeit nicht nur Tomaten, sondern täglich erschütternde Schlagzeilen. Über die rumänischen Frauen hat Ceausescu „Gebärzwang“verhängt. Ein Großteil der Landbevölkerung sieht einer Zwangsumsiedlung entgegen. Die Menschen, ihrer elementarsten Rechte beraubt, fliehen, wohin sie können. In den Westen, nach Ungarn und neuerdings sogar – wie es heißt – in die Sowjetunion. Manche werden auf der Flucht erschossen. Der Name des Unheils: Ceausescu.
In Rumänien glaubt niemand an Ceausescu. Dennoch spitzeln, prügeln, foltern und terrorisieren tausende Menschen ihre Mitbürger, unterdrücken jedes wahre Wort, jede Information, jede authentische Lebensregung. Wie gelingt es dem „Führer“, dennoch sein Regime des Wahnsinns aufrechtzuerhalten? Es herrscht die totale Desinformation. Die Spitzel spitzeln nicht aus Überzeugung, nicht im Namen irgendeiner „Idee“ und auch nicht etwa aus Hingabe an den „Führer“. Sie tun es, und das ist das Schrecklichste daran, rein technisch, um „der Sicherheit“ willen, die vor allem ihre eigene existenzielle Sicherheit ist.
Es sind die inneren Verwüstungen, die Ceausescus Diktatur so sicher machen. Es scheint mittlerweile so, als erklärte sich die Lage nur aus der Lage selbst. Ein Überwachungsstaat, der im circulus vitiosus der perfektionierten Selbstüberwachung gefangen ist. Die Ära Ceausescu – die Ära der „totalen Tautologie“.
Gerhardt Csejka, rumänischer Autor im Exil
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen