GASTKOMMENTAR: Handeln statt taktieren
■ Vorschläge für ein tatsächlich effektives Eingreifen im jugoslawischen Bürgerkrieg
Jugoslawiens Bürgerkrieg hat mit Bürgertum nichts zu tun. Die Bundesarmee unternimmt einen gnadenlosen Überfall — den Berichten zufolge mit Phosphor- und Napalmbomben. Überrascht es da, daß Kroatien zur Selbstverteidigung mobil macht? Es ist einfach nicht nachvollziehbar, daß der EG als Antwort nur ein ineffektives Handelsembargo einfällt, obwohl die EG-Unterhändler in der Lage sind, die jugoslawische Bundesarmee als Hauptaggressor zu identifizieren. Viele andere Optionen stehen zur Verfügung.
Erstens: Die Entlegalisierung Jugoslawiens. Das bedeutet den Ausschluß „Jugoslawiens“ als solchem aus allen internationalen Organisationen wie KSZE und UNO und den Abzug aller Botschafter aus Belgrad. Mit dem Zusammenbruch der föderalen Strukturen und dem offenen Versuch Serbiens, die Präsidentschaft an sich zu reißen, gibt es keinen Grund, warum Belgrad weiterhin das Monopol diplomatischer Kanäle behalten sollte oder auch, warum man ihm weiter die Farce erlauben sollte, als Sprecher für ein nicht mehr existentes Jugoslawien aufzutreten.
Zweitens: Volle Wirtschaftssanktionen, ein Ölembargo gegen Serbien eingeschlossen. Diese Republik ist der zehntgrößte Waffenproduzent der Welt. Ein Waffenembargo allein legitimiert bloß die Zerstörung Kroatiens durch eine überlegene Macht und ermutigt Kroatien, weiter Armeekasernen anzugreifen, um Waffen zu erbeuten.
Drittens: Sofortige Durchsetzung der KSZE- Beschlüsse für ein supranationales Gremium zur Überwachung und zum Schutz von Minderheitenrechten, so daß allein dieses Gremium die Macht hat, zugunsten von Minderheiten zu intervenieren. Dies würde den Kosovo-Albanern zugute kommen, den Sanjak-Muslimanen und auch den Serben in Kroatien.
Letztens: Sofortige Anerkennung aller Republiken, Serbien eingeschlossen. Wenn dies das langfristige Ziel ist, warum nicht jetzt? Lord Carrington und andere argumentieren, dies würde Serbien provozieren — aber angesichts der gegenwärtigen Ereignisse ist das bedeutungslos. Nichtanerkennung hat weder den Krieg verhindert noch die serbische Minderheit geschützt.
Ein Handeln, wie wir es vorschlagen, könnte eine Friedenschance bieten. Nicht so zu handeln garantiert mit Sicherheit eine Fortführung des blutigen Krieges. Lynn Jones, Tomaz Mastnak
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