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GASTKOMMENTARHerausforderung Europa

■ Das Kuratorium für eine demokratische Verfassung lud zur Debatte über Europa

Das Kuratorium für eine demokratische Verfassung hatte am Freitag in Bonn zur Debatte um Europa, den Föderalismus und das Grundgesetz eingeladen. Stillschweigend hat es den hohen Anspruch auf eine neue Verfassung für die Bundesrepublik aufgegeben und in einen bescheideneren Diskussionsprozeß zur Herstellung einer konstruktiven Öffentlichkeit für den Verfassungsprozesses umdeklariert. Denn es hat bemerkt, daß die viel grundsätzlichere Herausforderung für den Verfassungsprozeß nicht mit der Wiedervereinigung, sondern mit der europäischen Einigung verknüpft ist.

Fest steht bisher nur, daß im Zusammenhang mit der Ratifizierung der Maastrichter Verträge das Grundgesetz im Artikel 28 (aktives und passives Wahlrecht für alle EG-Bürger in der Bundesrepublik) und Artikel 88 (Übertragung von Befugnissen der Bundesbank auf eine europäische Zentralbank) vorab geändert werden muß. Das wird zweifellos geschehen. Auch eine bessere Beteiligung der Länder läßt sich sicher regeln.

Der Aufschrei der Länder und auch des Kuratoriums, daß der Föderalismus, die wichtigste Errungenschaft des Grundgesetzes, jetzt auf dem Brüsseler Altar gopfert werde, ist zutreffend, aber kann den Einigungsprozeß nicht abbremsen. Denn dieser ist gewollt. Die demokratische Opposition kann nach ihren Bekenntnissen zu antinationalistischer Politik kaum zum Hauptverteidiger eines deutschnationalen Egoismus werden.

Mit Maastricht hat die Integration der beteiligten Länder einen entscheidenden Schritt voran gemacht. Die Einigung wird beschleunigt, aber dennoch nur sehr widersprüchlich weitergehen. Die Bundesregierung war in ihrer Europapolitk erstaunlich erfolgreich. Daß der Einigungsprozeß republikanische Defizite aufweist, liegt in der Natur der Sache. Eine Einigung auf Parlamentsebene oder eine weitere Verlangsamung durch mehr Beteiligungsrechte der Länder würde die Einigung an regionalistische Sonderinteressen anbinden. Der Begriff der „Sicherstellung der Integrationsoffenheit des Grundgesetzes“, den die Bundesregierung zu ihrem Leitsatz erhob, versucht, die Idee des Bewahrens unverzichtbarer nationaler Interessen mit einer Öffnung, die den Einigunsprozeß beschleunigt, zu verbinden. Die Opposition hat dem bisher nichts entgegenzusetzen. Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Vereinten Europas wird in noch fernen Zeiten der krönende Abschluß der Vereinigung sein. Gleichwohl wäre es eine große Aufgabe für die demokratische Opposition, schon jetzt daraufhin zu denken. Eine schöne neue Aufgabe für das Kuratorium, wenn es denn will. Udo Knapp

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