piwik no script img

G8-GipfelBundeswehr chauffierte Polizei

Armeehubschrauber dienten während des Gipfels als Polizeitransporter, behaupten Grüne und Linke.

Polizeieinheiten werden an den Sicherheitszaun vor Heiligendamm geflogen Bild: dpa

BERLIN taz Bundeswehr-Hubschrauber sollen Polizisten zu Einsätzen während des G-8-Gipfels geflogen haben. Das behaupten laut dem grünen Abgeordneten Christian Ströbele Globalisierungskritiker, die während des Gipfels vor Ort waren: "Wir haben Meldungen erhalten, nach denen Helikopter mit der Aufschrift Heer solche Transporte durchführten", sagte Ströbele der taz am Mittwoch.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, sagte, ihr lägen Fotografien vor, die derartige Aussagen stützen würden. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte dagegen, er könne "nicht bestätigen, dass größere Polizeikontingente mit Hubschraubern der Bundeswehr transportiert worden sind". Er wisse nur von einem Transport verletzter Polizisten in ein Krankenhaus. Innenexpertin Jelpke will die ihr vorliegenden Fotografien erst am Montag präsentieren. Sowohl sie als auch Ströbele suchen noch nach Zeugen für die angeblichen Hubschraubereinsätze der Bundeswehr.

"Sollten sich diese Hinweise bestätigen, wäre das eine neue Qualität von Militäreinsätzen während des Gipfels", sagte Jelpke. "Denn dann wäre eine Trennung von Polizei- und Bundeswehraufgaben schlicht nicht mehr zu erkennen." Ströbele sieht dies ähnlich.

Doch in der Praxis ist eine solche Trennung schon jetzt sehr schwer. Die Bundeswehr und das Land Mecklenburg-Vorpommern, das die Amtshilfe angefordert hat, stützen sich auf Artikel 35 Absatz 1 des Grundgesetzes. "Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe." Erlaubt ist nach herrschender Auffassung nur "technische Amtshilfe". Das heißt, die Bundeswehr darf nicht bewaffnet auftreten und nicht in Grundrechte der Bürger eingreifen. Gängige Praxis bei Großveranstaltungen ist zum Beispiel, dass die Bundeswehr Suppe an Polizisten ausschenkt und nach chemischen Kampfstoffen sucht. Feste Grenzen gibt es für die Amtshilfe bisher allerdings nicht. Daher fordern Innenpolitiker aus SPD und FDP nach den Ereignissen des G-8-Gipfels klare Kategorien dafür, in welchen Fällen die Armee der Polizei beispringen darf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!