G7 und Schwangerschaftsabbrüche: Trump knebelt Beratung weltweit
Die USA entziehen Entwicklungsprojekten Geld, wenn sie über Abtreibung aufklären. Das trifft am Ende auch die anderen G7-Staaten.
Auch hier sind es die USA, die spalten. US-Präsident Donald Trump hatte bereits an seinem ersten Tag im Amt die sogenannte „Mexico City Policy“ wiedereingeführt. Demnach dürfen keine Finanzmittel des Bundes an internationale Nichtregierungsorganisationen gehen, die Abtreibungen vornehmen oder auch nur Informationen darüber zur Verfügung stellen.
Die USA sind mit Abstand der größte Geber von Entwicklungshilfe – wenn die Vereinigten Staaten ihr Vergabeverhalten ändern, müssen sich Hilfsorganisationen und Behörden überall auf der Welt zwangsläufig damit befassen – auch das deutsche Bundesentwicklungsministerium (BMZ).
Es seien „einige Partner des BMZ betroffen“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums der taz. „Wir stehen mit diesen Organisationen zu den Auswirkungen der Mexico City Policy in engem Kontakt.“
Eine dieser Partnerinnen ist die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW), eine NGO, die sich mit Gesundheitsfragen in der Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt, insbesondere in sexueller Hinsicht und was „reproduktive Gesundheit und Rechte“ angeht. Mit dem sperrigen Begriff wird etwa die Möglichkeit bezeichnet, über die individuelle Familienplanung zu entscheiden. Die NGO bietet selbst keine Abtreibungen an, sie informiert nur und klärt auf. Genau das wurde ihr nun in Kenia zum Verhängnis, wo die Stiftung in drei Projekten gemeinsam mit anderen NGOs etwa mit Aids-Waisen arbeitete.
„Perversion der Politik“
Hätte die DSW ihren Vertrag in Kenia verlängern und so wieder Zuschüsse bei der US-Entwicklungsbehörde USAID beantragen wollen, hätte sie unterzeichnen müssen, nicht nur keinerlei Aufklärung in Kenia zu leisten, sondern das auch in allen anderen Projekten und Vorhaben, sagt DSW-Geschäftsführerin Renate Bähr. „Wir hätten unsere feste Überzeugung verleugnen müssen, wenn wir das unterschrieben hätten“, sagt sie. Die Mexico City Policy wird nicht ohne Grund auch „Global gag rule“ genannt – sie beinhaltet nämlich eine Art Diskussions- oder Sprechverbot.
„Wir dürften dann etwa in Äthiopien, wo Schwangerschaftsabbrüche legal sind, junge Frauen in Notsituationen nicht einmal darüber informieren“, sagt Andreas Hübers, der bei der DSW die internationale politische Arbeit leitet. Politisch hätte die Organisation sogar überhaupt nicht mehr für sichere Schwangerschaftsabbrüche eintreten können.
Konkret bedeutet das nun für die DSW, dass sie auf 620.000 US-Dollar von USAID verzichten muss, die sie als Budget für die kenianischen Projekte eingeplant hatte. Als klar wurde, dass diese Gelder nicht kommen, hat die Stiftung ihre Aktivitäten zurückgefahren. Sie bleibt nach eigenen Angaben aber auf einer 180.000 US-Dollar großen Finanzierungslücke sitzen – wegen längerfristiger Verpflichtungen, etwa für MitarbeiterInnen, die sie bezahlen musste.
Unter Entwicklungs- und GesundheitsexpertInnen ist es gängige Meinung, dass die Mexico City Policy kontraproduktiv ist. Auch Renate Bähr sagt: „Das ist die Perversion dieser Politik: Schwangerschaftsabbrüche, die ja bekämpft werden sollen, werden nicht weniger, aber sie werden immer mehr in die Illegalität getrieben und so unsicherer.“
Leidtragende sind Frauen und Mädchen
Das Bundesentwicklungsministerium äußert sich ebenfalls deutlich: Man bedauere die Wiedereinführung der Mexico City Policy, so ein Sprecher. „Leidtragende sind vor allem Frauen und Mädchen, denen der Zugang zu essenziellen Leistungen verwehrt bleibt, zum Beispiel zu professioneller Geburtshilfe oder modernen Verhütungsmethoden.“
Dabei hätte es eigentlich ein guter G7-Gipfel für die Verfechter von körperlicher Selbstbestimmung und reproduktiven Rechten werden können: In den Fokus setzte Kanadas Pemier Justin Trudeau die Geschlechtergerechtigkeit und die Stärkung von Frauen. Trudeau selbst hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er den Zugang zu sicheren Abtreibungen befürwortet – ganz im Gegenteil.
Aus dem BMZ heißt es nun, Deutschland setze sich „im Rahmen der G7, aber auch in anderen internationalen Prozessen für den Zugang zu Leistungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und die hiermit verbundenen Rechte ein“.
Mit dieser Meinung konnte sich die Bundesrepublik aber offenbar nicht durchsetzen: Die „reproductive rights“ tauchen in der gemeinsamen Erklärung der G7-EntwicklungsministerInnen nicht auf, lediglich in einer Zusammenfassung ihres Treffens von der kanadischen Entwicklungsministerin Marie-Claude Bibeau. Das Entwicklungs-Branchenmedium devex will aus Diplomatenkreisen erfahren haben, dass die USA sich dagegen gesperrt haben.
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