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■ G7 – wer den Takt bei der Informationsgesellschaft vorgibtSchwimmen in der Informationsflut

Am Samstag hat ein Mitarbeiter des europäischen Forschungszentrums Cern, der maßgeblich an der Entwicklung des Computerprogramms World Wide Web beteiligt war, den Brüsseler Korrespondenten der taz in die globale Informationsgesellschaft aufgenommen. Ich habe jetzt auch den glasigen Blick und werde nie wieder behaupten, daß die neuen Technologien nicht für jedefrau/jedermann nutzbar seien.

Eine Dokumentation der Universität von Kobe über das dortige Erdbeben gefällig? Klick, schon kommen Fotos, Zahlen, Einschätzungen. 15 Sekunden hat das gedauert. Danach noch ein Blick in eine sardische Zeitung vom Tage und ein kurzer Ausflug zur Mona Lisa in den Pariser Louvre. 45 Informationsunternehmen haben die G-7-Konferenz mit ihren Apparaten und Programmen zugedröhnt. Alles ist machbar, Herr Nachbar. Die zugehörigen Spitzenmanager haben dann noch den Politikern die Ohren heiß geredet. Ihre Message: Wir sind mittendrin in der globalen Informationsgesellschaft, wer sich dagegen sperrt, gehört zu den Verlierern.

Nie zuvor war so deutlich, wer den Takt vorgibt und wer hinterherhinkt. Die Unternehmen drängen, die Minister beeilen sich, es ihnen recht zu machen, gehetzt von einer diffusen Angst, irgendeinen Anschluß in eine unklare Zukunft zu verpassen. Selbst die dreijährige Frist für die Aufhebung der Telekom- Monopole, die nach allgemeiner Einschätzung gigantische Marktkräfte freisetzen wird, wankt bereits.

Das wäre ziemlich verheerend. Es geht nicht mehr darum, die Informationsflut aufzuhalten, sie kommt, und sie bietet tatsächlich viele Chancen. Aber vielleicht sollten wir vorher schwimmen lernen. Es gibt noch zu viele offene Fragen. Die Grundprinzipien, auf die sich die G-7-Regierungen geeinigt haben, beantworten nur einige davon. Daß jeder Bewohner dieser Welt Zugang zu den Datennetzen haben soll, ist ein löblicher Vorsatz, hat aber nur einen Sinn, wenn der Zugang auch erschwinglich ist. Das ist beispielsweise noch nicht geklärt.

Unser Bildungssystem ist noch weit davon entfernt, den nötigen Überblick und die Fertigkeiten zu vermitteln, die das Schwimmen in der Informationsflut erfordert. Außerdem brauchen wir neue Arbeitsschutzgesetze. Wenn es möglich ist, die Arbeit mittels billiger Datenleitungen über weite Entfernungen zu verteilen, dann werden die Beziehungen zwischen Unternehmen und Beschäftigten mit den jetzigen Gesetzen nicht mehr erfaßt. In Brüssel haben die Regierungen versprochen, sich darüber Gedanken zu machen. Das beruhigt uns. Aber sie sollten sich auch, trotz glasiger Augen, die nötige Zeit nehmen. Alois Berger

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