: G A S T K O M M E N T A R Logische Fehler
■ Zu den Problemen der Landwirtschaft in der EG
Karl Valentin war ein bayerischer Humorist. Seine Komik bestand vorrangig darin, auf einer falschen Basis logisch aufzubauen. Das EG–Marktordnungssystem ist auf der Annahme begründet, daß der EG–Raum ein agrarischer Zuschußraum sei und bleibe. Importiert man also Nahrungsmittel, schleust man den Weltmarktpreis - der fast bei allen Produkten viel niedriger liegt - auf EG–Preisniveau. Und mit diesen Einnahmen aus sogenannten „Abschöpfungen“ unterstützt man die EG–Bauern bei notwendigen Rationalisierungsmaßnahmen. Dies war der Grundfehler. Denn durch die landtechnische Revolution stiegen die agrarischen Erträge dreimal so schnell wie der Konsum. Und wer Überschüsse am Weltmarkt „unterbringen“ will, nimmt nicht ein, sondern zahlt drauf. 50 Milliarden Mark allein 1986! Dies war der zweite Fehler. Und drittens: Als rechtzeitig Reformen versucht wurden, ließ der Bauernverband seine Mannen demonstrieren: 1962 vor den Instituten der Göttinger Professoren; 1968 hieß es „Höcherl–Schiller: Bauernkiller“; 1969 wurde der Agrarkommissar Dr. Sicco Mansholt in der Ostseehalle in Kiel zweieinhalb Stunden durch ein organisiertes Pfeifkonzert gehindert, den Bauern erklären zu können, warum eine Reform notwendig ist. Und 1971 marschierten 60.000 Bauern in Bonn auf, um den Agrarministerrat an der geplanten Reform zu hindern. Die Organisatoren dieser Demonstrationen sind nicht nur die Hauptschuldigen an der heutigen Misere unserer Bauern, sondern sie verweigern sich auch heute noch vernünftigen und möglichen Lösungen. Dr. Erich Geiersberger, agrarpolitischer Experte des Bayerischen Rundfunks, München
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