G-8-Einsatz: Piloten ist nichts verboten
Das Verteidigungsministerium behauptet, entgegen Anweisungen schlecht über die G-8-Einsätze der Bundeswehr-Tornados informiert worden zu sein.
Beim G-8-Einsatz von Bundeswehr-Tornados ist das Verteidigungsministerium offenbar entgegen eigener Anweisungen nicht besser unterrichtet worden. "Es sieht so aus, als hätten untere Ebenen die Anordnungen des Ministeriums nicht befolgt", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei, am Freitag, "aber die politische Verantwortung trägt Berlin."
Nachtwei bezieht sich auf einen Bericht des Verteidigungsministeriums über den Einsatz. Darin versucht das Ministerium unter anderem zu erklären, warum der Hausherr Franz Josef Jung (CDU) nur von drei der sieben Tornado-Flüge wusste.
In dem Papier heißt es, das Aufklärungsgeschwader 51 habe zwar den Auftrag bekommen, seine vorgesetzte Dienststelle "weiterhin am Fortschritt zu beteiligen" - also über die eigenen Einsätze zu informieren. "In das Meldeaufkommen des durchführenden Verbandes" an die vorgesetzte Dienststelle "wurden allerdings insgesamt nur drei Missionen aufgenommen".
Angefordert wurden die zusätzlichen Einsätze von der Polizeiführung "Kavala". Ursprünglich hatte Jung sogar nur zwei Tornado-Flüge genehmigt. Ein weiterer ging nachträglich als Demonstrationsflug für Kavala durch. Die anderen vier Flüge gab Kavala laut Ministeriumsbericht direkt beim Geschwader 51 in Auftrag. Begründung der Polizei: Die Ergebnisse der zwei genehmigten Flüge seien wegen schlechten Wetters und "technischer Fehlfunktion der Aufklärungssensoren" nicht zufriedenstellend gewesen. Kavala erweiterte laut Bericht auch eigenständig die Liste der zu überwachenden Ziele und fügte unter anderem die drei Camps der Gipfelgegner hinzu.
Für das Verteidigungsministerium ist noch nicht klar, ob die G-8-Flieger Anweisungen ignoriert haben: "Wir untersuchen das weiter", sagt ein Sprecher.
Zögerlich flossen die Informationen auch bezüglich des Tornado-Tiefflugs am 5. Juni über dem Protestcamp Reddelich. Der Jet "Pirat 2" flog laut Ministeriumsbericht eine Minute und 22 Sekunden lang auf 116 Meter Höhe - erlaubt sind etwa 150 Meter. Die Besatzung habe sich dafür entschieden, weil die Wolken so tief hingen, heißt es im Bericht.
Die Tiefflieger sollen ihre Eigenmächtigkeit "unmittelbar nach der Landung an den Einsatzoffizier" gemeldet haben. Dem Verteidigungsministerium, so ist zu lesen, sei aber erst am 15. Juni "schriftlich die Verletzung der Mindestflughöhe" mitgeteilt worden.
"Es ist schon sehr bemerkenswert, wenn eine solche Meldung zehn Tage bis zum Verteidigungsminister braucht", sagt Birgit Homburger, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion , "das kann nicht sein." Für den Grünen Nachtwei ist allerdings nicht nur die Schweigsamkeit der Tornado-Flieger ein Problem. Nachtwei meint, dass dafür auch Verteidigungsminister Jung Verantwortung trägt. Unter Jung herrsche in dessen Ministerium ein "Klima, welches diese seltsame Vorstellung von Eigenständigkeit fördert". In internen Berichten und öffentlichen Äußerungen würden immer wieder vermeintlich positive Aspekte des Armeeeinsatzes im Inneren herausgestellt. Nachtwei glaubt: "Diese Haltung hat das Fehlverhalten befördert."
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