Fußballtrainer Jörg Berger wird 65: Vom Retter zum Selbstretter
Er ist der Mann, der aus der DDR kam und für die unmöglichen Missionen als Trainer bekannt wurde. Jörg Berger wird 65 Jahre alt. Doch die Lust auf Abenteuer am Tabellenende hat er nicht verloren.
Klubs immer wieder aus dem Tabellenkeller heraus zu hauen, zehrt an den Nerven. Bild: ap
DÜSSELDORF dpa | Auch im Rentenalter hat Jörg Berger die Lust an den unmöglichen Missionen noch längst nicht verloren. "Ich würde nicht mehr zu Saisonbeginn eine Mannschaft im Abstiegskampf übernehmen. Aber wenn noch mal jemand Hilfe braucht, vielleicht einen Berater - das wäre etwas Anderes", sagt der Fußball-Lehrer, der an diesem Dienstag seinen 65. Geburtstag feiert.
Lesereise mit seiner Autobiografie, Experte fürs Fernsehen, zuletzt "Ein-Spieltags-Trainer" bei Arminia Bielefeld - ein Ruhestand im Wortsinn ist für Berger unvorstellbar. "Das geht gar nicht. Mein Leben ist erfüllt. Ich war immer ein Kämpfer, das hat mir wahnsinnig geholfen, was meine Krankheit angeht", erzählt er. Seit der Diagnose im November 2002 engagiert sich der Wahl-Düsseldorfer, dem es "wieder richtig gut" geht, im Kampf gegen den Krebs. "Ich habe mir gesagt: Früher hast du Mannschaften gerettet, jetzt musst du dich selber retten."
Nur wenige Trainer in Deutschland haben es wie der gebürtige Pommeraner geschafft, einen bestimmten Typus ihrer Profession derart zu bestimmen. Wer beim Internetsuchdienst Google nach den Stichwörtern "Feuerwehrmann" und "Trainer" sucht, findet zahlreiche Bilder von Berger. "Der Ruf des Retters hat mich zunächst gestört, aber es ist besser ein Image zu haben als keins", sagt er. Nachdem Berger unter anderem mit Eintracht Frankfurt, dem 1. FC Köln und FC Schalke 04 den Klassenverbleib gesichert hatte, machte er 1999 mit der erneuten Rettung der Frankfurter in letzter Minute sein Meisterstück im Tabellenkeller. "Berger hätte auch die Titanic gerettet", urteilte Eintracht-Stürmer Jan-Aage Fjörtoft damals.
Die bislang letzte Mission scheiterte allerdings: Auch Berger konnte Bielefeld in der vergangenen Saison nicht vor dem Absturz in die 2. Liga bewahren. "Das war aber gar nicht so schlecht, zur Arminia zu gehen, weil das meine Statistik noch aufgebessert hat", erzählt er schmunzelnd. "Ich bin im Moment der Trainer, der die meisten verschiedenen Vereine in der Bundesliga trainiert hat."
Doch wer sich heute mit dem früheren Jugendnationalspieler unterhält, wechselt schnell vom Sport zur Politik. Knapp 40 Jahre lang hat Berger Fußball-Clubs trainiert, neun davon bis 1979 in der DDR. Aufbrausend spricht er von "den Menschen, die sagen: Das war ja früher alles nicht so schlimm. Das ist für mich erschreckend." Der Fußball privilegierte Berger und trieb ihn doch zur Flucht. Nach seiner Scheidung hatte er als Jugend-Auswahltrainer sein Team unter anderem nicht mehr ins westliche Ausland begleiten dürfen. Die Stasi setzte ihm nach. 1986 überlebte er 1986 als Coach von Hannover 96 einen Giftanschlag.
Damals hatte Berger, der sich in seiner Lebensgeschichte "Meine zwei Halbzeiten" selbst einen Egoisten nennt, seinen Sohn in Leipzig zurückgelassen. "Wir waren uns fremd, als wir uns 1989 das erste Mal wieder gesehen haben", erzählt der dreifache Vater. Inzwischen haben die beiden ein "Super-Verhältnis", den Geburtstag nutzt Berger mit seiner Familie für einen Urlaub auf Formentera. Es folgt eine Kreuzfahrtreise durch Südamerika und die Karibik. Natürlich auch wieder mit dem Fußball im Gepäck. Zwischen Brasilien und Französisch Guyana wird Berger aus seinem Buch vorlesen.
Leser*innenkommentare
juergen pahl
Gast
kompliment an die ghostwriterin fuer dieses 5 stundenbuch. solang hab ich gebraucht,super seicht,flussig halbwahrheiten und luegen daher geschrieben.eigentlich wollte ich mich nicht mehr dazu aeussern,nachdem ich das werk... gegen meinen willen bei meinem letztem d.-besuch kaufte.aber wenn diese mixtur auch noch in meine 2.wahlheimat brasilien kommt,muss ich mich doch kurz zu wort melden. weil jetzt geht es doch zu weit.selbst der ochs aus bayern ist intelligenter als die gebildete masse...
zwei halbzeiten heisst das buch,aber nach 2 halbzeiten im fussball folgt immer eine spielauswertung.diese fehlt diesen 2 halbzeiten fundamental,aber dann koennte der 1.abstieg passieren...
mit sportlichen gruessen
juergen pahl
ehrlich sei der mensch,hilfreich und gut,lieber joerg
ochsausbayern
Gast
Täusche ich mich, oder konnte der angebliche und vor allem mysteriöse Giftanschlag nie bewiesen noch irgendwie anderweitig belegt werden?
Es könnte also auch sein, dass der Anschlag nur einem Kalkül im Kopfe Bergers entsprungen ist?
Als unbedarfter Leser des taz-Artikels ist es nicht möglich aus der verwendeten Formulierung "Die Stasi setzte ihm nach. 1986 überlebte er 1986 als Coach von Hannover 96 einen Giftanschlag", auf die weitverbreiteten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Beschuldigungen zu schließen.
Ruhrpott-Armine
Gast
Berger hat nicht nur die meisten BuLi-Vereine trainiert, er ist auch der einzige Arminia-Trainer, der kein einziges Spiel verloren hat (und wahrscheinlich auch der einzige BuLi-Trainer mit dieser Bilanz). Alles Gute, Jörg!
reblek
Gast
"Klubs immer wieder aus dem Tabellenkeller heraus zu hauen, zehrt an den Nerven." Mal so ganz unter uns: Ein kostenloser Blick in den Internet-Duden, würde aufklären, darüber, dass das Wort "heraushauen" geschrieben wird und es deshalb auch "herauszuhauen" heißt, auch wenn in der deutschen Journaille der falsche Glaube umgeht, es gebe keine zusammengesetzten Wörter mehr.