■ Fußball: Singles für Berti!
Berlin (taz) – Matthias Sammer: „Es wird alles nach wie vor auf dem Spielfeld entschieden, nicht im Raum Venus oder Oranius oder wie das Scheißding heißt.“ Salon Venus muß es heißen, Herr Sammer. In jenem Konferenzsaal sollten nämlich die Weichen für die EM-Qualifikation der Nationalmannschaft gestellt werden. Die Lok bleibt aber die gleiche: Lothar Matthäus. Und die Wagen bis auf eine Ausnahme auch: Ralf Weber wird heute in Moskau gegen Rußland debütieren.
Eigentlich sollte doch durch die Vergangenheitsbewältigung im Salon Venus die Altlast WM entsorgt sein. Jetzt aber spielen die Ehefrauen wieder neben dem Spielfeld mit. Lolita Matthäus hatte ein Foto an die Bild gegeben, auf dem die Familien Matthäus und Helmer vor den Niagarafällen zu sehen sind. Solche Privatfotos aus den Reihen der Nationalmannschaft haben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen, meint Jürgen Kohler und geht noch weiter: „Da muß der DFB sagen, wenn dieses oder jenes noch mal passiert, fliegt der Betreffende.“ Schon vor vier Jahren hatte Pierre Littbarski 50.000 Mark mit Fotos aus dem Privatbereich der Nationalmannschaft verdient. Gerade Matthäus hatte sich damals am meisten aufgeregt. Und Litti spendete das Geld für soziale Zwecke. Vielleicht sollte man angesichts der ewigen Streitereien um die Ehefrauen – dürfen sie mit ihren Männern zu Turnieren fliegen, wohnen, schlafen – künftig nur Junggesellen nominieren.
Aber Bundestrainer Berti Vogts hat nach seinem Bekennen von zehn Fehlern bei der WM den elften gleich drangehängt. Gegen Rußland werden wieder überwiegend Ehemänner den Rasen betreten: Köpke – Matthäus – Kohler, Helmer – Strunz, Häßler, Basler, Eilts, Weber – Klinsmann, Kuntz. Andy Möller muß auf Geheiß des WM-nachtragenden Bundestrainers zuschauen und grämt sich darob fürchterlich: „Natürlich hat man gedacht, daß man spielt.“
Eine wahre Perestroika hat die russische Mannschaft durchlebt. Der neue Chef ist Oleg Romanzew, wie Bundes-Berti ein ehemals kompromißloser Verteidiger, mit dem jetzt auch wieder die prominenten Rebellen zum Zug kommen, die bei der WM fehlten: Sergej Kirjakow (KSC) und Igor Schalimow (Inter Mailand). Dabei warnte Berti schon vor der russischen WM-Mannschaft. Die sei immerhin nur an Weltmeister Brasilien und dem WM-Dritten Schweden gescheitert.Sven Christian
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