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Fußball an Hitlers GeburtstagDes Führers Spiel

Der deutsch-englische Fußball ist reich an legendären Spielen. Höhepunkt aber ist eine Partie, die niemals stattgefunden hat: 1994 musste der Klassiker abgesagt werden.

2008 gibts zum Glück keine Probleme: Bus der englischen Nationalmannschaft in Berlin. Bild: dpa

30 Länderspiele notiert die Statistik des DFB gegen England und etliche davon sind zum Bestandteil der Fußball-Folklore geworden. Doch einmal, 1994, verdrängte eine andere Vergangenheit alle sportlichen Erinnerungen. Es ging um ein Freundschaftsspiel, dass wegen einer Unachtsamkeit kein gewöhnliches mehr war. Denn es war das Spiel, das an Hitlers Geburtstag ausgetragen werden sollte.

Die Plakate, die schon kursierten, verkündeten: "Länderspiel in Berlin. Olympiastadion. 20. April 1994. 19.30 Uhr". Rasch fanden 50.000 Karten Absatz. Am Ende mussten die Werbemittel eingestampft, die Kartenkäufer entschädigt werden.

Dabei hatte die Sache harmlos begonnen. Ein Länderspiel der alten Kontrahenten, die sich in den frühen Neunzigerjahren mehrfach gegenübergestanden hatten, sollte zunächst in München stattfinden. Doch die Stadt gab die Begegnung an Hannover weiter, wo allerlei Gründe angeführt wurden, warum es dort nicht klappt. Wie saures Bier wurde das Spiel Hamburg aufgeschwatzt - und letztlich auf den 20. April im Volksparkstadion angesetzt. Doch dann erreichte den damaligen DFB-Chef Egidius Braun eine Nachricht: "Da bekamen wir aus einer Fan-Gruppe den Hinweis. Bis dahin hatte bei uns niemand an Politik gedacht." Bald dämmerte den Verantwortlichen das Risiko des unheilvollen Datums. Hamburgs Innensenator Werner Hackmann, der spätere DFL-Chef, rechnete nach Information der Polizei mit einem Aufmarsch von 10.000 Rechtsradikalen, die das Spiel des damaligen Weltmeisters als Bühne nutzen wollten. Dass die damals noch mehr als heute gefürchteten englischen Hooligans das Match zum Prestigeduell der Randalierer machen würden, bewog Hackmann zur Absage.

Die Begegnung wurde an Berlin weitergegeben. Der Senat war mutiger als die Kollegen von der Hamburger Bürgschaft. Die Ordnungskräfte glaubten, für die Sicherheit garantieren zu können; im DFB erwog man zwischenzeitlich, das Spiel um einen Tag vorzuverlegen oder gar ganz abzusagen. DFB-Chef Braun: "Wenn die Berliner und unsere Sicherheitsexperten sowie deren Kollegen vom englischen Verband sagen, wir kriegen das nicht in den Griff, hätte ich keine Bedenken, die Begegnung noch abzusagen, denn so viel ist ein Fußballspiel auch nicht wert." Am Ende war es aber Braun, der die Weitergabe an Berlin feierte und sie zur symbolischen Geste gegenüber den Briten stilisierte, die sich gerade als alliierte Schutzmacht aus der wiedervereinigten Hauptstadt verabschiedeten: "Ich war sofort dafür, diese Gelegenheit für eine Geste des Dankes zu nutzen, vor allem natürlich auch an die Engländer, die ja ganz besonders fußballbegeistert sind. Die Stadt besitzt außerdem durch die jährliche Ausrichtung des DFB-Pokalfinales die nötige Erfahrung für ein solches Großereignis."

Die Entscheidung stieß in Deutschland auf Zustimmung. Eine Absage wäre als Kniefall vor Extremisten gewertet worden. Allein der Ort, das Stadion der NS-Spiele von 1936, bereitete manchen Kopfzerbrechen. "Richtiger Schritt zum falschen Ort", kommentierte die Süddeutsche Zeitung. Doch der Senat schien Wort zu halten; weder Kosten noch Mühen wurden gescheut: 4.000 Polizisten hielten sich bereit, die von 600 Grenzschutz-Beamten unterstützt werden sollten. Auf sie wartete viel Arbeit: Es gab Hinweise, dass deutsche und englische Rechtsextremisten den Schulterschluss in Berlin planen würden; mit etlichen Hooligans war ohnehin zu rechnen. Zudem kündigten 40 Bündnisse gegen das Match friedlichen Protest an. Längst war der Sport zur Nebensache geworden, und langsam wurde die Sache auch den Engländern mulmig. Ein Anschlag auf die Geschäftsstelle des Berliner Fußballverbandes, zu dem sich eine autonome Gruppe bekannte, mag die Skepsis verstärkt haben: Der englische Fußballverband FA sagte ab. Der DFB war brüskiert, FA-Sprecher David Bloomfield dagegen erleichtert: "Wir haben dem DFB jetzt doch nur eine Entscheidung abgenommen, die er selbst hätte treffen müssen."

Wirtschaftlich geriet die Sache zum Debakel: Der DFB verbuchte drei Millionen Mark Verlust und sein Image litt vor allem im Ausland. Die Times stellte sich demonstrativ hinter den einheimischen Verband: "Jede Kritik in Deutschland, dass die Absage des Spiels den Extremisten in die Hände spielt, ist fehl am Platz."

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