■ Ökolumne: Funraising now! Von Thomas Pampuch
„Hi, I'm Tom, I'm with Greenpeace. This is our annual membership drive...“ Klinkenputzen ist in den USA eine ehrenwerte Beschäftigung, der vom Pfadfinder bis zum Präsidenten (Hi, I'm Bill...“) jeder halbwegs engagierte Mensch irgendwann einmal nachgeht. Was hierzulande nur Drückerkolonnen, Zeugen Jehovas oder vielleicht noch Scherenschleifer wagen, ist dort eine alltägliche Erscheinung: Das persönliche Werben an der Haustür – für sich, für eine gute Sache, für die Unterstützung eines Projektes. Egal, ob das Boyscout- Sommerfest, die Seehunde Alaskas, die battered women oder die Demokraten: Ihre letzte Rettung ist allemal auch ein Produkt der unermüdlichen Arbeit jener canvasser, die gut organisiert von Haus zu Haus ziehen und mit durchdachten raps Schecks erquasseln.
„Fundraising“ heißt das, und Canvassing ist dabei nur eine der vielen Mensch-trifft-Mensch-und-raus- kommt-Geld-Spielarten, die der amerikanische „Fundamentalismus zur Kostendeckung aller Arten defizitärer Umtriebe bereithält. Zu diesem Behufe wird diniert, gefeiert, gezockt, gespielt und eben auch freundlich an Türen geklopft und mit Wildfremden diskutiert. Es es gibt wenig Möglichkeiten, Amerika besser kennenzulernen, als eine Weile für eine nach persönlicher Neigung ausgewählte Organisation den Vertreter zu spielen. Das verschafft Zutritt in mannigfaltigste Haushalte, schärft das erfolgsorientierte Argumentieren, baut Schwellenängste ab und ist so amerikanisch wie Apple-pie – was auch daran erkennbar ist, daß die Canvasser normalerweise ein Drittel ihrer Einnahmen behalten dürfen.
Ohne Fundraising wären die USA längst zusammengebrochen oder zumindest ein Hort absoluter sozialer Finsternis. Wie blutleer ist dagegen das deutsche Spendenwesen! Nicht, daß hier kein Geld für Gutes flösse, doch die Form, in der das geschieht, beschränkt sich zumeist auf jene jammervolle Mischung aus gedruckter Bettelei, Überweisung auf ein Spendenkonto und – wenn's hoch kommt – kleingedruckte Namensnennung in einer Betroffenheitsannonce. Ablaßhandel mit Spendenquittung. Da wird nicht geredet, wenig gescherzt und schon gar nicht gefeiert. Solidarisch sein heißt bei uns, die Kummerfalten zusammenzukneifen und den Bankvorgang in die Wege leiten. Auch die taz mit ihrer viel gescholtenen regelmäßigen „Geiselnahme der Leserschaft“ ist keine Ausnahme. Selbst die Süddeutsche Zeitung fragt sich bang, ob man sich denn über die „sonderbare Werbestrategie, dem Kunden ein schlechtes Gewissen zu machen“, überhaupt noch lustig machen darf.
Doch da kommt frohe Kunde aus Bayern. Mit der zutreffenden Frage: „Seid Ihr noch zu retten?“ laden ein paar Münchner zu einer „Benefiz-Party für die taz“ (29. Juli, 21.00 im Stromlinienclub, Lindwurmstraße 8). Mit allerlei DJs, Schwoof und (standortbedingt) der Gruppe „Les Derhosen“ wollen sie zeigen, daß Fundraising Funraising ist. Blechen muß sich wieder lohnen – aus dem Erlös der Eintrittskarten sollen mindestens 20 taz-Abos finanziert werden. Und es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn die zufriedene Kundschaft das Unternehmen „München ta(n)zt“ nicht noch mit weiteren Abos in eine lichtvolle Zukunft führt. Und auf einem Straßenfest der Stadtteilzeitung Schwabing Extra können die Münchner schon heute ein taz-Abo gewinnen. Beim klassischen „Radlschätzen“ (wer am genauesten schätzt, wie hoch ein an ein Haus gehängtes Fahrrad über dem Boden schwebt, darf es behalten) ist als zweiter Preis ein halbes Jahr taz ausgelobt. Die Süddeutsche kann ihre Krokodilszähren zerdrücken und die „guatemaltekischen Waschfrauen“ lustig der taz überlassen. Ihrem Berlinreporter raten wir, als taz-Canvasser durch den Wedding zu ziehen: „Hi, I'm Jack, I'm with the taz. This is our annual abo drive...“ Vielleicht kriegt er ein paar Soli-Abos zusammen. Ein Drittel davon darf er behalten und den lustigen Berliner Waschfrauen spenden.
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