ORTSTERMIN : Für alle Fälle Stephanie
VERBRECHERJAGD RTL 2 präsentiert sein neues Format: In „Tatort Internet“ sollen Pädophile vor laufender Kamera entlarvt werden. Mal wieder mit dabei: Ministergattin Stephanie zu Guttenberg
Es ist ernst. Es geht um Kinder, sexuellen Missbrauch und die Gefahren, die im Internet lauern. „Tatort Internet“ heißt die Sendung, die RTL2 gestern Vormittag präsentierte – ein Format, in dem sich ein Rechercheteam als minderjährige Chatterin ausgibt und so versucht, potentielle Pädophile in die Falle zu locken. Ort der Präsentation war – passend zum Thema: die Aula der Oppenheim-Schule in Berlin-Charlottenburg. Dieser Schauplatz bot einiges: Nähe zu den jungen Schützlingen, die allerdings draussen bleiben mussten und die um das Wohl und die Sicherheit von Kindern besorgte Ministergattin Stephanie zu Guttenberg, die aufgrund ihres Engagements beim Kinderschutzverein „Innocence in Danger“ in der Sendung als Expertin auftreten soll.
Es sei „zutiefst besorgniserregend“, dass Pädophile sich in Chats unbemerkt das Vertrauen von Kindern erschleichen, so Geschäftsführer Jochen Starke. Diese Sorge in allen Ehren, aber vor einer unübersehbaren RTL2-Logowand wirft das die Frage auf, wie ernsthaft die Sendung sein kann. Denn der Sender, der vor zwei Monaten noch mit sich im Kamelkot wälzenden B-Promis aufwartete, hat sich eher durch Formate wie „Big Brother“ in das Zuschauergedächtnis eingeprägt.
Und tatsächlich war im 20-minütigen Sendeausschnitt von „Tatort Internet“ viel von dem zu sehen, was man dem Privatsender zugetrauen durfte: dramatisierende musikalische Untermalung, reißerische Erzählweise und ein Gesamteindruck, dass es hier vor allem um eines gehen dürfte: hohe Einschaltquoten. Udo Nagel, Moderator der Sendung und ehemaliger Hamburger Innenminister, verteidigt die Gestaltung der Show: „Bei einer langweiligen Doku zappen die Leute weiter, wir wollen sie am Sender halten.“
Wie jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch auf die Sendung reagieren könnten, schien die Macher offenkundig nicht zu interessieren. Man wolle Eltern zeigen, was heutzutage in der medialen Welt vor sich geht, so Nagel. TIQ