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Fünf Milliarden Hilfe im GesprächRätselraten um Verluste der BayernLB

Bayerns Grüne gehen davon aus, dass die bayrische Landesbank mehr Geld brauchen wird als bisher bekannt. Erwin Huber will dennoch Finanzminister bleiben.

Mitzahlen fürs Bundesrettungspaket und Hilfe für die eigene Landesbank - das würde selbst die Bayern in finanzielle Engpässe stürzen. Bild: dpa

Bis zum Wochenende schien sie nichts aufhalten zu können. FDP und CSU hatten bei den Verhandlungen zur Regierungskoalition alles Strittige aus dem Weg geräumt, die Schulpolitik, selbst die Debatte über die innere Sicherheit. Aber dann kamen die Herren von der Sparkasse.

Landesbanken: Länder tragen das Risiko

Die öffentlichen Landesbanken können wie alle anderen deutschen Finanzinstitutionen Unterstützung durch den Rettungsfonds beantragen, also neues Eigenkapital, Bürgschaften für Kredite und Übertragung von Risikopapieren. Einen Unterschied gibt es aber bei der Frage, wer für die Kosten aufkommt, die nach Abwicklung des Fonds übrig bleiben: Bei privaten Banken trägt der Bund 65 Prozent der Kosten, die Länder zahlen 35 Prozent, höchstens jedoch 7,7 Milliarden Euro. Für die Lasten aus der Rettung von Landesbanken und deren Zweckgesellschaften zahlen hingegen primär die Bundesländer, und zwar entsprechend ihrer Anteilen an den jeweiligen Instituten. Den Ländern drohen also hohe Belastungen - mit Ausnahme von Berlin, das seine Landesbank bereits in der Vergangenheit saniert und verkauft hat. MKR

Siegfried Naser, Präsident des bayerischen Sparkassenverbands und der Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Landesbank, Michael Kemmer, sollten die zukünftigen Regierungspartner über die aktuelle Lage bei der Landesbank informieren, ganz vertraulich. Drei Stunden später wurden die Koalitionsverhandlungen gestoppt. Erst am Mittwoch soll es weitergehen, wenn verlässlichere Zahlen vorliegen. Die neue Regierung hat noch nicht einmal ihre Minister bestimmt, und schon ist sie handlungsunfähig - lahmgelegt von der vernichtenden Bilanz der eigenen Landesbank.

Zwischen drei und fünf Milliarden Euro würden dringend benötigt, teilte der Sparkassenchef Naser den geschockten Politikern laut Süddeutscher Zeitung mit. Landesbankchef Kemmer wollte sich dagegen noch gar nicht festlegen, wie viel Geld denn eigentlich fehle. Im Moment prüfe man noch den Kapitalbedarf, sagte ein BayernLB-Sprecher am Montag. Bayerns Finanzminister Huber hat am Wochenende schon einmal Bedarf beim neuen 500-Milliarden-Rettungsfonds der Bundesregierung angemeldet.

"Ich würde mich wundern, wenn wir mit weniger als fünf Milliarden Euro auskommen könnten", sagt der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag, Eike Hallitzky, der taz. Er habe Informationen, dass die BayernLB nicht nur bei der amerikanischen Pleitebank Lehman Brothers, sondern auch beim kriselnden Handels- und Touristikkonzern Arcandor und im Milliardenumfang in Island investiert habe. Dazu kommen noch die Verluste aus dem Engagement der BayernLB am kollabierten US-Immobilienmarkt. Wo auch immer im Zuge der Finanzkrise eine Möglichkeit lauerte, Kapital zu versenken, die Landesbank scheint sie genutzt zu haben.

Dabei hätten die Geschäfte bis vor drei Jahren gar nicht besser laufen können. Die Gewährträgerhaftung - das Land Bayern bürgte für mögliche Verluste der Landesbank - sicherte dem Institut eine Kreditwürdigkeit und Liquidität, von der seine Konkurrenten nur träumen konnten. Auf Druck der EU fielen diese Bürgschaften Mitte 2005 weg.

Der Vorstand fand schnell einen Ausweg: Die BayernLB sollte massiv in Kreditderivate investieren, Papiere, die viele Schuldverschreibungen zusammenfassten. Im Oktober 2005 beschloss man, über die nächsten Jahre 58,2 Milliarden Euro in solche Derivate zu investieren. Dazu kam es nie. Als die Immobilienblase in den USA platzte, stoppte die Landesbank im März 2007 den Kauf von Derivaten, hat aber weiterhin über 20 Milliarden Euro in den kaum noch verkäuflichen Papieren angelegt.

Die bayerische Regierung schaute dem Treiben recht tatenlos zu - und das aus nächster Nähe. Fünfzig Prozent an der Landesbank gehören den bayerischen Sparkassen, 50 Prozent dem Land selbst. Hohe Mitglieder der Landesregierung sitzen im Verwaltungsrat der BayernLB. Ihr Vorsitzender, Finanzminister Erwin Huber, soll eigentlich die Geschäfte des Vorstands überwachen. Als sich Anfang 2008 die Hinweise auf Milliardenverluste verdichteten, wollte Huber lange öffentlich keine Zahlen nennen. Die Verwaltungsratsmitglieder hatten dem Vorstand gegenüber Stillschweigen vereinbart. Ein Untersuchungsausschuss gegen Huber dokumentierte zwar, dass der Minister viel verschwiegen hatte, Konsequenzen für ihn hatte das aber nicht.

Die Landesregierung beschloss, einen eigenen Risikoschirm gegen weitere Milliardenverluste der Bank zu installieren. Mehr als ein Entwurf liegt bisher nicht vor. Seit Samstag gibt es einen Rettungsfonds des Bundes. Kurz danach kündigte Huber an, ihn für die Landesbank in Anspruch zu nehmen. Ein Zufall kann das kaum sein.

"Erwin Huber sagt seit einer Woche nicht die Wahrheit", meint Eike Hallitzky von den Grünen. Noch vor einer Woche hatte sich die bayerische Staatsregierung massiv gegen eine Beteiligung der Länder am Rettungsfonds des Bundes stark gemacht. Die Länder sollten selbst für die Verluste ihrer Landesbank aufkommen, forderte die Staatsregierung. Am Mittwoch sprach Finanzminister Huber mit Vertretern der Landesbank. Am Donnerstag unterstützte die bayerische Regierung auf einmal das Vorhaben des Bundes. Man könne heute noch nicht sagen, wie die BayernLB von dem Rettungspaket profitieren könne, sagte Huber in einer Sondersitzung des Landtags. Wie schlimm die Situation der Bank schon da war, verschwieg er. Huber rechnet sich auch in einer neuen Regierung Chancen aus, Finanzminister zuwerden.

Wenn es bei dem geschätzten Bedarf von knapp 5 Milliarden Finanzspritze für die BayernLB bleibt, dürften harte Zeiten auf Bayern zukommen. Zu den 1,4 Milliarden, die Bayern schlimmstenfalls für den Rettungsfonds zuschießen muss, müsste das Land auch für die Hälfte der Hilfe für die BayernLB geradestehen.

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