Frühlingsgefühle: Freudentränenreiche Bauernhofidylle
■ Bremer sollen heiraten. Standesbeamte rüsten zur finalen Trauungsoffensive
„Der Nächste bitte. So, Guten Tag. Also, wollen Sie, Herr Hinz Kunz die hier Anwesende Siegrid XY und so weiter, und so weiter. Ja? Und Sie, Frau XY, wollen Sie? Ja? Gut, dann erkläre ich sie Kraft meines Amtes ... Der Nächste bitte.“ Und das soll der schönste Tag im Leben gewesen sein.
Beim Standesamt Bremen Mitte wird zu Spitzenzeiten im Viertelstunden-Takt geheiratet. „Das lässt sich bei manchmal 50 Trauungen am Tag nicht vermeiden“, erklärt der Standesbeamte Dieter Katt. Aber keine Angst: In Oberneuland geht es auch romantisch, freudentränenreich und bäuerlich-malerisch.
Auf dem Lür-Kropp-Hof werden schon seit 1998 Ehen geschlossen. Erst jetzt gibt es dafür aber ein eigenes Haus. Das Gebäude ist zwar nicht antik – der 650.000 Mark teure Neubau des Fördervereins Lür-Kropp-Hof wurde erst vor kurzem fertiggestellt – aber schön. Wunderschön. Am Ostersamstag sagt das erste Paar im Meta-Rödiger-Hochtiedshuus „Ja“. Mit viel Zeit und in prominenter Begleitung.
Senator Bernt Schulte höchstpersönlich wird den neuen Standort für so genannte Außentrauungen einweihen. „Mit dieser neuen Stätte können wir vielleicht mehr Bremer Paare animieren, sich trauen zu lassen“, verkündete er. Neben dem Schulschiff Deutschland als maritimem Trauungsort setzt er auf den Erfolg des Hochtiedshuuses als „klassisch-bäuerliche Stätte“.
Damit die schon jetzt überlasteten Bremer Standesbeamten nicht ständig zum Lür-Kropp-Hof nach Oberneuland fahren müssen, gibt es ein fünfköpfiges Team von ehrenamtlichen „Neuen“. Am Freitagmittag wurden Petra Plump, Walter Wilkens, Ulrich Mix, Hermann Kothe und Jens Knudtsen offiziell in ihr Amt eingeführt und opfern von nun an ihre Freizeit dem ewigen Bund fürs Leben. Kothe und Wilkens trauen sogar auf Platt.
Die fünf neuen Standesbeamten haben sich viel vorgenommen. Sie versprechen eine persönliche, individuelle Traurede und Trauungen auch an Wochenenden und Feiertagen.
Ganz umsonst ist das lauschige Hochtiedshuus-Ambiente aber nicht. 500 Mark Miete verlangt der Förderverein Lür-Kropp-Hof für die Nutzung der Räume. „Der Blumenschmuck ist natürlich inklusive“, so Vereinsmitglied Jens Knudtsen. Das scheint aber nicht abzuschrecken, denn bis Oktober haben sich schon 60 Paare angemeldet. Sollte etwas schief gehen – und Hochzeiten sind dafür bekanntlich besonders anfällig – die Fotos mit dem Fachwerkbau im Hintergrund taugen allemal fürs Familienalbum. spo
Hochzeitstermine im bäuerlichen Ambiente koordiniert Petra Plump, Mitarbeiterin beim Senator für Inneres.
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