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Frühjahr belebt JobmarktWeniger Arbeitslose als erwartet

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im März stärker gesunken als angenommen wurde. Doch die Bundesagentur bremst hohe Erwartungen: Sie erwartet für 2010 einen Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Weniger ohne Job als vor einem Jahr: Aufbauarbeiten am Hamburger Dom. Bild: dpa

NÜRNBERG rtr Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im März mit dem Schwung der Frühjahrsbelebung stärker gesunken als erwartet. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch in Nürnberg mitteilte, gab es im März 3,568 Millionen Arbeitslose. Dies waren 75.000 weniger als im Februar und 18.000 weniger als vor einem Jahr. Erstmals seit einem Jahr wurde der Vorjahreswert unterschritten, wenn auch nur aufgrund eines statistischen Sondereffekts. Von einer Trendwende wollte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise nicht sprechen. "Die Frühjahrsbelebung hat den Arbeitsmarkt erreicht", sagte Weise in Nürnberg. "Selbst bei guter wirtschaftlicher Entwicklung wird sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt noch verschlechtern."

"Der Arbeitsmarkt hat die Krise bisher ganz gut verkraftet", sagte der BA-Chef. Er machte aber deutlich, dass seine Behörde noch keinen Anlass sieht, Entwarnung zu geben. "Die Konjunktur scheint anzuspringen. Für den Arbeitsmarkt gilt das aus unser Beobachtung noch nicht." Für das Gesamtjahr 2010 sage das Forschungsinstitut der BA unverändert einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 120.000 auf gut 3,5 Millionen voraus.

Die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl ging um 31.000 zurück, während Experten eine Zunahme um 10.000 erwartet hatten. Nach neuen BA-Zahlen ist die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit auch in den vergangenen Monaten leicht gesunken. Gleichzeitig stiegen die saisonbereinigten Werte für die Erwerbstätigkeit und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung seit mindestens drei Monaten in Folge. Statistiker sprechen von einer Trendwende, wenn sich ein Drei-Monats-Trend bestätigt.

Doch Weise warnte vor verfrühtem Optimismus. "Wir sehen keine Trendwende am Arbeitsmarkt. Wir sehen, dass die Entwicklung einen Tick besser ist als erwartet", sagte der BA-Chef. Er begründete seine Zurückhaltung unter anderem damit, dass der Arbeitsmarkt durch eine hohe Zahl von Kurzarbeitern entlastet wird, die zuletzt im Dezember gut 800.000 betrug.

Der BA-Chef verwies auch darauf, dass die Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich nur deshalb um 18.000 niedriger sei, weil die Arbeitsmarktinstrumente im vorigen Jahr neu geordnet wurden. Die Arbeitslosenzahl werde dadurch um etwa 160.000 entlastet. Die Unterbeschäftigung gehe zwar deutlich zurück, liege aber mit 4,731 Millionen immer noch um 143.000 über dem Vorjahr. Zu den Unterbeschäftigten zählt die BA neben den Arbeitslosen auch die Personen, die an Fördermaßnahmen teilnehmen oder zeitweise erkrankt sind und deshalb nicht als arbeitslos gezählt werden.

Die Arbeitslosenquote sank im Monatsvergleich um 0,2 Prozentpunkte und im Jahresvergleich um 0,1 Punkte auf 8,5 Prozent. Eine Belebung ist im März durch steigende Beschäftigung in den Außenberufen üblich. Im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre ging die Arbeitslosenzahl im März um 66.300 zurück.

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4 Kommentare

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  • C
    claudia

    Die Trickserei:

    Als ich mir den Rentenverlauf ausdrucken ließ, fiel mir auf, daß dort für die letzten zwei Jahre steht: "ALG2 ohne Arbeitslosigkeit"

    Das, obwohl ich nach wie vor als arbeitssuchend gemeldet bin und auch ausdrücklich immer wieder gesagt habe, daß ich zur Reparatur meiner Hatz4-geschädigten Rente noch 2 bis 3 Jahre richtiges Gehalt bräuchte.

     

    Auf meine Frage am Arbeitsamt, was dieser Eintrag denn bedeuten soll, wurde geantwortet: "Rein verwaltungstechnische Sache, ändert für Sie nichts"

     

    Das ganze System ist auf Lügen gebaut und es wird fleißig an der Fassade gepinselt.

  • W
    WaltaKa

    Welche Arbeitslosenzahl sinkt? Die reale? Oder ist hier von der real geschönten die Rede?

     

    Zitat taz:"Der BA-Chef verwies auch darauf, dass die Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich nur deshalb um 18.000 niedriger sei, weil die Arbeitsmarktinstrumente im vorigen Jahr neu geordnet wurden. Die Arbeitslosenzahl werde dadurch um etwa 160.000 entlastet".

    Schade, taz, dass sich niemand bei ihnen die Mühe macht, diese Statistik und Zahlen für das lesende Publikum etwas transparenter aufzubereiten. Oder gar zu hinterfragen.

     

    Da macht sich ja sogar die konservative Online-Konkurrenz mehr Mühe.

    Diese sagt zumindest:

    "Die Arbeitslosenzahlen kann man nicht allein für sich betrachten. Dass sie nicht viel höher ausfallen, liegt einerseits daran, dass die Statistik nicht mehr alle Arbeitslosen erfasst. Offiziell ging die Arbeitslosenzahl gegenüber dem Vorjahresmonat um 18.000 zurück – aber nur, weil arbeitslose Teilnehmer bestimmter Trainingsmaßnahmen sowie Arbeitslose, die von Privatvermittlern betreut werden, nicht mitgezählt werden. Wären sie dabei, wäre die Arbeitslosenzahl um 142.000 gestiegen."

     

    Dabei sind all diejenigen Gruppen von arbeitslosen Menschen, die sowieso nicht mehr mitgezählt werden, schon unter dem Tisch.

     

    Arbeitslos sind diese und jene. Diese Regierungen lügen uns an-und die Presse ....

  • TF
    Thomas Fluhr

    Na was jetzt? Gibt es irgendjemanden, der sich die Mühe macht endlich mal echte ZAhlen zu recherchieren? Die monatlichen Millionen Euro für diese gefälschten Statistiken sind doch zum Haare raufen.

  • P
    pkkiiiiiiiiiiiiiiii

    wieso wird diese regierungsmeldung so undifferenziert einfach übernommen? kann es vllt auch an statistischen tricksereien liegen, dass die quote angeblich gesunken ist? stehen nicht bald wahlen an?