: Früher Vogel
Einfluss ohne Erfolg: Das Porträt „Fallen Angel“ (BR, So., 23 Uhr) ehrt liebevoll den Musiker Gram Parsons
Syd Barrett, Keith Moon, Brian Jones, Ian Curtis, Kurt Cobain, Jimi und Janis: Die Geschichte der Popmusik ist voller gescheiterter Existenzen, früh verstorbener Begabter und einflussreicher Erfolgloser. Einer, der all das in seiner Person vereint, das womöglich ungerühmteste Genie der ruhmreichen Sixties, ist Gram Parsons, Byrds-Mitglied, Gründer der Flying Burrito Brothers, Erfinder des Countryrock, Entdecker von Emmylou Harris, tragische Figur und wandelnde Katastrophe.
Parsons’ ebenso kurzem wie auch intensivem Leben – beides ist den Drogen geschuldet – folgen die Filmemacher Gandulf Hennig und Sid Griffin streng chronologisch: Aussagen von Zeitgenossen und Verwandten, bislang unveröffentlichte Fotos, S-8-Filme aus Privatbesitz und liebevoll zusammen getragenes Archivmaterial verbinden sich zum Psychogramm eines schwer Fassbaren, der zumindest auf seine Zeitgenossen ausreichend Einfluss hatte, um nach seinem Tod zur Legende zu werden. Die Autoren schreiben aber nicht nur Tod und Misserfolg nach, sondern auch das Bild einer Ära. Mit dem Tod von Parsons, dessen Burrito Brothers beim offiziellen Ende des Summer of Love aufgetreten waren, dem legendär katastrophalen Free Concert der Rolling Stones in Altamont, verlor die Hippiegeneration nicht nur eine ihrer unschuldigsten Seelen, sondern zugleich ihre gesamte Unschuld. So zeichnen Hennig und Griffin ein vor allem liebevolles Bild von Parsons, dabei kommt ihnen mitunter die Distanz zu ihrem Gegenstand abhanden, als schienen sie gefangen von der Aura eines Menschen, dem sie allein in seiner Musik begegnet sind. Jene Aura, die Keith Richards einmal so beschreibt: „Gram war der Einzige, der jedes einzelne Mädchen im Publikum zum Weinen bringen konnte.“ THOMAS WINKLER