Frühchen-Tode in Bremen: Ohne Aufklärung beendet
Der Untersuchungsausschuss findet keine Ursache für den Keim-Skandal im Bremer Klinikum, aber schwere Hygiene-Mängel und allerlei Behörden-Versagen.
BREMEN taz |An seiner Aufgabe gescheitert ist der parlamentarische Untersuchungsausschuss, der die Ursache des Keim-Skandals im Klinikum Bremen-Mitte aufklären wollte. Die am Montag vorgestellten Abschlussberichte listen gleichwohl auf über 600 Seiten schwere Hygienemängel und strukturelle Probleme in den zuständigen Institutionen und Gremien auf. Doch wie und warum es auf der Neonatologie zu dem wiederholten Ausbruch eines multiresistenten Darmbakteriums kam, ist weiter unklar. Drei Frühchen starben 2011. Nach einem Umbau der Station traten die Keime erneut auf, momentan ist sie ganz geschlossen.
Ein von SPD und Grünen mehrheitlich beschlossener Bericht spricht von „erheblichen Mängeln im Hygienemanagement“. Zudem habe der zuständige Krankenhaushygieniker nicht die erforderliche ärztliche Qualifikation gehabt. Auch die Besetzung der Intensivstation für Neugeborene mit Pflegepersonal sei problematisch gewesen. Wegen „mangelhafter Dokumentation“ sei der Keimausbruch zu spät erkannt, das Gesundheitsamt „viel zu spät“ informiert worden. Und das wiederum hatte keine Kapazitäten, um die Einhaltung der Hygienestandards überhaupt mal zu kontrollieren.
Auch die Klinik-Holding Gesundheit Nord habe die Probleme „nicht ausreichend“ zur Kenntnis genommen. Dass Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) Hinweisen auf Mängel „nicht ausreichend“ nachgegangen wäre, will Rot-Grün ihr nicht vorwerfen. Nur, dass es bei der Kontrolle der kommunalen Kliniken „in erster Linie“ um deren wirtschaftliche Situation ging. Und dass es auch für die Aufsicht zu wenig Personal gab.
Jürgens-Pieper selbst hatte eine persönliche Verantwortung zurückgewiesen. Mittlerweile ist sie – wegen anderer Streitigkeiten – zurückgetreten, ihre Vorgängerin Ingelore Rosenkötter (SPD) schied mit der letzten Landtagswahl aus dem Senat aus. Der parteilose Hermann Schulte-Sasse, der von 2007 bis 2011 ihr Staatsrat war, soll nun der neue Gesundheitssenator werden.
CDU und Linke legten jeweils eigene Minderheitenvoten zu dem Abschlussbericht vor. Aus Sicht der Linkspartei wären die Infektionen und Todesfälle „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ vermeidbar gewesen. Strukturelle, personelle und organisatorische Mängel im Klinikum der Gesundheit Nord sowie im Gesundheitsamt und ressort und die Nichtbeachtung von Meldevorschriften seien ursächlich für die Todesfälle. Senat und Klink-Holding trügen die Verantwortung für das „insgesamt mangelhafte System“ und seine einseitige Fixierung auf betriebswirtschaftliche Ziele, sagt die Linke. Die personelle und finanzielle Unterausstattung der Kliniken sei eine „wesentliche indirekte Ursache“ des Keimausbruchs. Und die wiederum sei von Rot-Grün politisch vorgegeben gewesen.
Auch die CDU spricht von „schweren Mängeln in der Hygiene“, Verstößen gegen Informationspflichten, „Versäumnissen“ der Behörden. Gefährliche Keime in Krankenhäusern seien kein Bremer Phänomen, jedoch sei der Umgang der rot-grünen Regierung mit der Krise „bemerkenswert schlecht“, so die CDU.