piwik no script img

Friedrichs-Preis für ZDF-Chefredakteur"Herr Brender, bleiben Sie ruhig"

ZDF-Chefredakteur Brender bekam verdient den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises. Dabei, dass CDU und CSU ihn absägen wollen, geht es aber um mehr als nur um seine Person.

Nachdenkliche Blicke: Frank Schirrmacher und Nikolaus Brender. Bild: dpa

Natürlich waren die Reden wieder vernuschelt: Laudator Frank Schirrmacher sprach mit einer gewissen Hartnäckigkeit von Niklas Brender, der Geehrte selbst nannte den Namenspatron voll der Rührung irgendwann Hanns-Jochen. Doch das Wesentliche blieb klar: Verdient hat Nikolaus Brender den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis, sein von den Unionsparteien betriebener "Fall" steht aber für mehr: für die Grundsatzfrage vom Einfluss der Politik und der Parteien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die benannte Brender unumwunden als "Zumutung von außen, die kein Recht im Alltag einer Fernsehanstalt hat". Und zitierte - wenn auch offiziell in anderem Zusammenhang - Hanns Joachim Friedrichs höchstselbst: "Herr Brender, bleiben Sie ruhig und bleiben Sie dran."

CDU und CSU wollen den 60-Jährigen als ZDF-Chefredakteur absägen und drohen daher, mit ihrer Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat eine von ZDF-Intendant Markus Schächter vorgeschlagene Vertragsverlängerung zu blockieren. Brenders aktueller Vertrag läuft im März 2010 aus. Laut ZDF-Staatsvertrag hat der mit diversen Ministerpräsidenten besetzte Verwaltungsrat hier ein Vetorecht. Diese Konstruktion verstößt nach Meinung renommierter Medienrechtler gegen das Staatsfernegebot

Und so war es ein Signal, wer da bei der Preisverleihung in der ersten Reihe saß: der ZDF-Intendant. Markus Schächter, von manchem schon als Umfaller verdächtigt, machte klar, dass der Kotau Richtung Politik mit ihm nicht zu machen ist. WDR-Intendantin Monika Piel hingegen fehlte am Mittwochabend im Studio B des WDR in Köln - sie war terminlich verhindert. Das gleiche Schicksal teilten offenbar NRW-Medienminister Andreas Krautscheid (CDU) und fast jedwede andere politische Prominenz. Trotzdem versuchte sich Schirrmacher als politischer Brückenbauer: Dass manche Individuen länger brauchten, um auf Reize zu reagieren, sehe man ja schon im Tierreich. Da gebe es Vögel, die beim Fliegen in Sekundenbruchteilen reagieren müssten. Aber auch "nachtragende Schwämme", die erst mit jahrelanger Verzögerung auf Veränderungen ansprechen - "womit ich ausdrücklich den früheren bayerischen Ministerpräsidenten nicht mit einem Schwamm vergleichen möchte", sprach Schirrmacher. Edmund Stoiber (CSU) gehört noch dem ZDF-Verwaltungsrat an und führt mit Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) die Anti-Brender-Front. Die Politik wäre gut beraten, "nicht die Machtfrage mit dem Journalismus zu stellen", so Schirrmacher. "Die Politik hat, wenn sie will, schon gewonnen", aber es werde "kein Gesichtsverlust der Politik sein, wenn sie einem ZDF-Intendanten vertraut, der weiß, was er tut."

Doch das ist wohl mehr ein frommer Wunsch. Zum Schwur kommt es am 27. November, wenn die Causa Brender auf der Tagesordnung des ZDF-Verwaltungsrats steht. Schirrmacher merkte daher in seiner Rede an, dann müssten FDP und Grüne eben beim Bundesverfassungsgericht klagen: "Ministerpräsidenten gehören nicht in Verwaltungsräte." Bei diesem Appell hätte man gern gesehen, ob auch der ZDF-Intendant, dessen Karriere einst im politischen Apparat begann, klatscht. Doch Schächter war erkältet und musste gerade husten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • WW
    Wilhelm Westerkamp

    ."Es geht nicht nur um mich", meinte Preisträger Nikolaus Brender und dachte dabei auch an seinen Mitarbeiterstab, als ihm der Hanns-Joachim-Friedrich-Preis überreicht wurde. Dieser Mann, wenn man ihn so charakterisiert, scheint nichts zu erschüttern, so selbstbewusst, wie er sich immer gibt. Diese Haltung und den Mut, als er dem abgewählten Bundeskanzler Schröder ungeschminkt

    ins Gesicht sagte, das er ihn nicht mehr Bundeskanzler nennt, sondern nur noch Herr Schröder. Diese Degradierung, den Kanzler ohne Titel zu nennen, verdient unseren Respekt. Man spricht ja heute auch von "angepassten" Jour-

    nalisten, wie auch "angepassten" Politikern, die eine gähnende Langeweile verbreiten. Da ist Nikolaus Brender sicher eine Ausnahme. Brender nimmt kein Blatt vor den Mund, auch vor den ganz großen "Tieren" nicht. Seine journalistische

    Haltung ist einzigartig unter den Journalisten. Aber hat er denn wenigstens eine negative Eigenschaft? Etwa die eines "Egozentrikers"? Das müssten seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohl am besten beantworten können.