hamburger szene : Friedensschenker
Ein harmloser Mensch. Rund um die St. Petri-Kirche, da lebt er wohl. Ein Penner? Vielleicht. Um die vierzig, gut gehalten. Es stört ihn nicht, dass all die hektischen Menschen mit ihren Einkaufstaschen an ihm vorbeirauschen. Sie bemerken ihn vermutlich gar nicht, wie er dort so gebeugt steht und seine Gedanken mit bunter Kreide auf den Stein bannt.
Kaum ist ein Satz beendet, da ist der Anfang auch schon verschwunden unter dem Meer von Füßen. Da stehen dann Dinge von Frieden und Freundschaft. Und wer mit ihm reden möchte muss bloß einen Moment innehalten und einen Blick werfen. Er kommt dann von alleine. Zuerst fragt er nach Geld. Doch es ist auch in Ordnung, wenn du keines gibst. Dann fragt er nach Frieden. Und wenn du eine nette Frau bist, dann hat er eine ganz spezielle Frage an dich. Denn der kleine Philosoph hat ein Problem. Er versteht einfach die Frauen nicht und wünscht sich nichts sehnlicher als das eine mit ihm „Erbarmen“ hätte. Ja, er schafft es einfach nicht die drei Aspekte von Liebe – Geist, Seele und Körper – miteinander in Einklang zu bringen.
Oder war es doch etwas anderes? Vielleicht die Empörung über Frauen, die die flehenden Männer nicht erhören. Es ist schwierig, ihm zu folgen, wenn er sich in den Lehren von Freud und esoterischem Firlefanz zu verlaufen scheint. Jemand muss dem armen Kerl helfen, der noch bis September vom Betteln leben will. Beim nächsten Einkauf, vielleicht. Martina Helmke